Begriff
Bedeutungsinhalt
Basiswissen
Ein Begriff ist das Ergebnis einer Abstraktion[2] im Sinne einer Verallgemeinerung. Der Begriff des Hundes[8] fasst jene Merkmale zusammen, die man an allen individuellen Hunden erkennen kann. Das ist hier näher vorgestellt.
Fußnoten
- [1] 1793, verschiedene Bedeutung: "Der Begriff, des -es, plur. die -e. 1) In dem figürlichen Verstande der zweyten Bedeutung des Verbi begreifen, die völlige Bereitschaft zu dem Anfange einer freywilligen Handlung; ohne Plural. Im Begriffe seyn oder stehen. Er stehet im Begriffe abzureisen. Ich war eben im Begriffe zu ihnen zu kommen. 2) In der dritten Bedeutung des Verbi. (a) Derjenige Raum welcher etwas in sich begreifet. Der Begriff des Hauses, der ganze Umfang desselben. Der ganze Begriff der Welt. Dieser Gebrauch ist im Oberdeutschen gewöhnlicher, als im Hochdeutschen. (b) Dasjenige, was begriffen, oder kurz zusammen gefasset worden. Ein kurzer Begriff der christlichen Lehre. (c) Eine jede Vorstellung in der Seele. Ich kann mir keinen Begriff von dieser Sache machen. Einen klaren oder dunkeln Begriff von etwas haben. Nach meinem Begriffe, nach der Vorstellung, die ich mir von der Sache mache." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 807. Online: http://www.zeno.org/nid/20000058548
- [2] 1809, als Abstraktum: "Der abstracte Begriff, Abstractum, ein abgezogener Begriff, d. h. ein solcher, dessen Gegenstand bloß in unsern Gedanken existirt, z. B. die Gesundheit, die Tugend, die Heiterkeit. Außer unsern Gedanken giebt es bloß gesunde, tugendhafte, heitre Menschen, aber nicht diese Beschaffenheit derselben selbst. Das Einzelne, in welchem diese abgezogenen Begriffe angetroffen werden, wird im Gegensatz des Abstracti Concretum genannt; so ist die Tugend ein Abstractum, ein tugendhafter Mann (z. B. Socrates) ein Concretum. Hieraus kann man sich leicht erklären, warum man abstract von zu tiefsinnigen, schwer zu verstehenden Sachen braucht. – Von etwas abstrahiren, 1) von etwas auf etwas anderes schließen, 2) keine Rücksicht auf etwas nehmen." In: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 5. Online: http://www.zeno.org/nid/20000738905
- [3] 1834, Spiegel der Seele: "Begriff, beruht auf derjenigen Fertigkeit des Verstandes, mittelst welcher es uns möglich wird, das durch die Sinne Wahrgenommene in erneuter Form, als Einheit, Bild, auf dem Spiegel der Seele erscheinen zu lassen. Des Begriffs mütterlicher Beistand ist das Vorstellungsvermögen; je lebhafter dieses ist, desto schneller und klarer wird der Verstand abstrahiren und die Resultate liefern, wozu jenes die Materialien sammelt (s. abstrakt)." In: Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 484. Online: http://www.zeno.org/nid/2000171502X
- [4] 1837, auch konkreter Begriff: "Begriff ist eine Vorstellung, welche sich der Verstand durch Festhalten allgemeiner, an vielen besondern Dingen übereinstimmender Merkmale, oder wie dies die philosophische Schulsprache nennt, durch Abstrahiren, d.h. Absondern des vielen Dingen Gemeinschaftlichen zu einer neuen Vorstellung, bildet. So entstand z.B. der Begriff Pflanze durch Absonderung der einer Menge Naturerzeugnissen gemeinschaftlichen Merkmale, aus denen an jedem davon einzeln erkannt wird, daß es eine Pflanze ist. So lange ein solcher Begriff außer Verbindung mit andern Begriffen gedacht wird, heißt er abstract; wird er jedoch mit einem andern verbunden oder verschmolzen, so heißt er concret. Tabackspflanze ist z.B. ein concreter Begriff, indem darunter die Merkmale des Begriffes Pflanze mit einem bestimmten Gegenstande vereinigt gedacht werden." In: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 210. Online: http://www.zeno.org/nid/20000813923
- [5] 1854, philosophisch: "Begriff (notio) die deutliche Vorstellung von einem Gegenstande nach seinen Merkmalen. Die Lehre von den Begriffen behandelt die Logik oder Denklehre. Je nachdem das System der Philosophie sich gestaltet, wechselt auch die den Begriffen zugeschriebene Bedeutsamkeit, namentlich die der allgemeinen Begriffe; dieser Widerstreit geht von den mittelalterlichen Nominalisten und Realisten bis auf die Gegensätze der Herbartschen und Hegelʼschen Philosophie." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 460. Online: http://www.zeno.org/nid/20003228959
- [6] 1857, verschieden Arten von Begriffen: "Begriff (lat. Conceptus, Notio), die Verbindung des in den sinnlichen Anschauungen wahrgenommenen Mannigfaltigen im Gedanken zur Einheit,[490] durch Festhaltung übereinstimmender Merkmale; in der Schulsprache Abstraction, d.i. Absonderung dessen, was mehreren sinnlich Auffaßbaren zur Bildung einer neuen Vorstellung gemeinschaftlich zukommt. So ist z.B. Thier ein abstracter B., d.i. man abstrahirt von einer Menge sinnlich wahrnehmbarer Naturwesen der mannigfaltigsten Art, durch Unterscheidung dessen, was allen gemein ist, in Merkmalen, an welchen an einem jeden erkannt wird, daß es ein Thier sei. Es gibt: Stamm-B-e (reine B-e), die sich blos auf die Form des Verstandes beziehen, z.B. der B. Ursache; nur sie sind es in der That, was man ehemals angeborene B-e nannte, über deren Vorhandensein viel unter den Philosophen gestritten worden ist. Dem Inhalte (d.i. den in ihnen aufgenommenen Merkmalen) nach sind B-e transscendentale, über alle Erfahrung erhabene, wie: Gott, Ewigkeit; od. empirische, aus Erfahrung abgeleitete; dem Umfange (Gebiet, Kreis, Sphäre des B-s) nach weite u. enge, je nachdem sie viele od. wenige Gegenstände befassen: allgemeine od. Geschlechts-B-e, die Etwas mehreren Einzeldingen Gemeinschaftliches vorstellen u. in Gattungs-B-e, welche höher, weiter, umfassend, abstracter sind, u. Art-B-e, die niedriger, enger, weniger abstract sind, getheilt werden; Besondere od. Einzel-B-e stellen nur ein einzelnes Ding vor. Inhalt u. Umfang des B-s zusammen heißt auch die Größe (Quantität) eines B-s. Je mehr Merkmale an einem wahrgenommenen Gegenstand in einen B. aufgenommen werden, desto beschränkter wird die Sphäre der darunter befaßten Gegenstände, u. wenn dann der B. vollständig ist, d.h. alle Merkmale darin aufgenommen sind, so ist der B. auch nur auf Einen Gegenstand ausschließlich anwendbar, wie der B. von allem Individuellen; dagegen ist ein B. bestimmt (determinirt), wenn er in seinen Grenzen eingeschlossen, auf nicht mehr Dinge bezogen werden kann, als für welche er ein gemeinsames Merkmal ist; z.B. wenn man den B. Planet so denkt, daß er auf keine andere Art von Himmelskörpern bezogen werden kann. Analytische B-e sind die aus einem anderen allgemeinen durch Zergliederung gewonnenen, z.B. Wohlthätigkeit aus dem B. Tugend; synthetische, die durch Zusammenfügung mehrerer gebildet sind, z.B. Tugend als Complex sittlich-guter Eigenschaften. Dem positiven B., dem eine Realität entspricht, ist der negative, in dem diese verneint wird, entgegengesetzt, z.B. Mangel; ein leerer B. ist ein solcher, dem durchaus nichts in der Erfahrung entspricht, z.B. ein räumlich vorüberschwebender Geist. Ein Begriff ist klar u. deutlich, dessen Merkmale wirklich als solche unterschieden werden, im Gegensatz von verworrenen u. dunkeln; widersprechend aber (im Gegensatz übereinstimmender, adäquater B-e) ist ein B., in welchem Merkmale aufgenommen sind, die einander aufheben, z.B. eine eckige Kugel. Ausführlich ist ein B., wenn man nach der Verdeutlichung desselben durch die Zergliederung in seine nächsten Merkmale, die Merkmale von jenen Merkmalen (entfernte Merkmale) aufführt. Mehrere B-e werden außer Bezug auf einander gebildet (absolute B-e) od. in Bezug auf einander als relative B-e, z.B. Zunahme. Die Zerlegung der B-e in ihre einzelnen Bestandtheile, (Begriffszerlegung) ist eine nothwendige Übung in den Elementarschulen, um den Schülern dunkle od. nicht ganz klare B-e zu verdeutlichen. Der Lehrer muß dabei passende Vorstellungen erwecken, das schon Bekannte benutzen, daraus das Unbekannte entwickeln u. die einzelnen gefundenen Merkmale vom Schüler zusammensuchen lassen. Nach der Hegelschen Philosophie ist der B. das Wesen, die innerste, wirksame Kraft." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 490-491. Online: http://www.zeno.org/nid/20009494723
- [7] 1904, philosophisch: " Begriff (logos, horos, ennoia, conceptus, notio, terminus, idea) ist das, was wir unter einem Namen begreifen, zusammenfassen, die isolierte Fixierung, Verwendung eines bestimmten Bewußtseinsinhaltes, der Inbegriff aller Merkmale, die wir als das Wesen einer Sache bestimmend, constituierend in einer Reihe von Urteilen aussagen können, so daß der Begriff die Potenz zu einer Reihe von Urteilen bedeutet, in denen er allein lebendig ist. Der logische Begriff unterscheidet sich vom psychologischen durch die volle Bestimmtheit, Präcision[125] seines Inhaltes. Dieser besteht in dem Constanten, Allgemeinen, Charakteristischen, Typischen, Objectiven einer Reihe von Vorstellungen desselben Gegenstandes, das durch die active Apperception (s. d.) erfaßt, festgehalten, herausgehoben, abstrahiert wird und das vom Gesichtspunkt der Betrachtung abhängig ist. Der Begriff ist als solcher ein Product des Denkens, ein Niederschlag von Urteilen, hat aber seinen Stoff, sein Fundament im concreten Erleben, in der Erfahrung, bestehe diese auch nur in einem Postulate (s. d.) des Denkens oder Wollens. Vertreten wird der Begriff durch eine »repräsentative« Vorstellung sinnlichen Inhalts (concreter Begriff, (s. d.)) oder symbolischer Art (abstracter Begriff, (s. d.)), wobei ein »Begriffsgefühl« (Begriffsbewußtsein) auftritt, d.h. das Bewußtsein, daß die Individualvorstellung eine ganze Klasse vertritt." Es folgt dann eine sehr ausführliche Darstellung durch die Historie. In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 125-133. Online: http://www.zeno.org/nid/20001782223
- [8] 1905, vor Begriff als Assoziation: "Begriff, in der Logik jeder durch das Denken fest abgegrenzte Vorstellungsinhalt. Der B. ist also niemals, wie die Vorstellung, etwas fertig im Bewußtsein Anzutreffendes, sondern im Grunde ein Inbegriff von Denkakten oder Urteilen (s. d.). Sobald wir einen B. verdeutlichen wollen, werden wir zum Aussprechen eines oder mehrerer Urteile getrieben (Definition), die also in dem B. gewissermaßen verdichtet sind; umgekehrt gewinnt in jedem Urteil ein Vorstellungsinhalt dadurch, daß er mit einem andern in Beziehung gesetzt wird, eine begriffliche Bedeutung. Den ersten Anstoß zur Bildung von Begriffen gibt die sinnliche Wahrnehmung, insofern auf Grund derselben nach den psychologischen Assoziationsgesetzen gewisse Elemente des Wahrgenommenen miteinander in engere Beziehung treten und sich von andern sondern; so entwickeln sich zunächst die Vorstellungen der einzelnen Dinge (s. Ding). Die Wahrnehmung vieler ähnlicher Dinge endlich bildet den Anlaß, daß bei der Wahrnehmung eines einzelnen von ihnen (z. B. eines Hundes) die Erinnerung an die andern lebendig wird, es treten dadurch in der gegenwärtigen Wahrnehmungsvorstellung die Elemente hervor, die sie mit den Erinnerungsbildern gemein hat, und so kommt es zu dem Urteil: dies ist ein Hund, und damit zugleich zu dem B. des Hundes. Ein wesentliches Hilfsmittel ist dabei natürlich das Wort, das, indem es z. B. ein Ding mit Rücksicht auf seine Ähnlichkeit mit andern bezeichnet, zwar in gewissem Grade die begriffliche Auffassung des Gegebenen schon voraussetzt, weiterhin aber die dauernde Festhaltung der letztern selbst ermöglicht. Aus dem angeführten Beispiel erhellt auch die eigentliche Bedeutung der durch Worte fixierten Begriffe für das Denken; ihre Rolle ist die, dem Bewußtsein die Übersicht und Herrschaft über den unabsehbaren Stoff, den die Wahrnehmung bietet, dadurch zu ermöglichen, daß sie das Neue, noch Unbekannte mit Altem, Bekanntem verknüpfen, wodurch das erstere sein Befremdendes verliert, uns »begreiflich« wird." Und so weiter. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 564-565. Online: http://www.zeno.org/nid/20006306896
- [9] 1907, Begriff als Ergebnis der Abstraktion: "Begriff (lat. conceptus, notio, gr. logos, ennoia) heißt dasjenige psychische Gebilde, durch welches ein Mannigfaltiges zur einheitlichen Gedankenbeziehung verknüpft wird. In einem Begriff sind verschiedene Einzelvorstellungen nicht bloß zusammengefügt, wie in der Anschauung, sondern sie sind durch die Denkbeziehungen in Verbindung gesetzt, welche die Form ihrer Zusammengehörigkeit zum Ausdruck bringen. Daher führt nur Denken und Urteilen, nicht aber bloße Anschauung und Erfahrung, zur Bildung von Begriffen. Der Begriff ist somit nicht bloß die abgeschlossene Gesamtvorstellung, sondern er entsteht erst aus den Vorstellungen durch deren Vergleichung und die Heraushebung des Gemeinsamen. Der Begriff ist also das Produkt einer Analyse der Einzeldinge und Synthese ihrer gemeinsamen Merkmale (notae) durch Abstraktion. Er bestimmt daher ein Allgemeines und nicht ein Einzelnes. Der Begriff Dreieck, Mensch, Pferd usw. ist z. B. nicht die Vorstellung eines einzelnen Dreiecks, eines Menschen, eines Pferdes usw. überhaupt, sondern die Gesamtvorstellung vieler Dreiecke, Menschen, Pferde usw." Der Artikel geht dann noch weiter ins Detail. In: Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 89-91. Online: http://www.zeno.org/nid/20003579069
- [10] 1923, Abgrenzung und Kritik sprachlicher Begriffe zu mathematischen Begriffen. In: Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 1923, Band 1, S. 157-162. Online: http://www.zeno.org/nid/20006180116