Zementation (Calciumacetat)
Lernwerkstatt
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Kurzinformation|
Die Rohstoffe|
Schnelle Verdunstung|
Langsame Verdunstung|
Persönliche Einschätzung|
Fußnoten
Kurzinformation
Wenn Sand durch eine Kristallisationen anderer Stoffe verfestigt wird, spricht man von einer Zementation. Auf diesem Weg entsteht aus Sand Sandstein. Im Labor konnte eine solche Zementation erfolgreich in nur 4 Minuten mit Hilfe aufgelöster Schalen von Muscheln nachgestellt werden. Die Klinge eines Taschenmessers drang bei Härtetests kaum mehr in den verfestigten Sand ein.
Die Rohstoffe
Der Sand
Der verwendete Sand stammt vom seeseitigen Fuß einer Düne der Nordseeinsel Wangerooge.[1] Die Körner hatten eine Korngröße von etwa 0,2 Millimetern.[2] Auf der Insel selbst konnte man Zementationen sowohl mit Salzwasser als auch durch Rost und Calciumcarbonat beobachten.
Das Acetat
Wir hatten mehrere Schalen von Nordseemuscheln in Essigessenz aufgelöst.[3] Aus dieser Lösung kann man dann durch Verdunstung Kristalle von Calciumacetat wachsen lassen.[4] Die Muschelschalen lieferten das nötige Calciumcarbonat. Die Züchtung von solchen Kristallen funktioniert sehr zuverlässig.
Schnelle Verdunstung
Erfolgreiche Zementation: die Schnellverdunstung des Flüssigkeit aus dem lösungsgetränkten Sand brachte eine deutliche Zementation hervor. Ein Messer drang selbst beim Fall aus mehreren Zentimetern Höhe mit seiner Spitze nicht nennenswert in den Sand ein.
27. November 2025
Wir haben völlig in einem Messbecher eingetrocknetes Acetat (14,55 g) mit zusätzlich 106,6 g heißem Wasser wieder zu einer Lösung angerührt. Die Lösung hatte nicht mehr den strengen Geruch der vor einigen Wochen angesetzten Lösungen. Wir gaben dann etwa 55 ml trockenen Dünensand in einen Messbecher mit 5 cm Innendurchmesser. Darüber kippten wir rund 18 g der lauwarmen Acetat-Lösung, bis die Lösung den Sand bis zur Oberfläche bedeckt hatte. Die Lösung hatte einen ph-Wert von 7 (gemessen mit Indikatorpapier). Dann kam der Messbecher mit den eingestauten Sand in ein Mikrowellengerät bei höchster Leistungsstufe. Nach spätestens 4 Minuten war alle Flüssigkeit verdampft. Die Oberfläche des Sandes hatte einen weißen Belag, zeigte aber keine Ausblühungen wie bei einer langsamen Verdunstung über viele Tage bei Raumtemperatur. Im unteren Bereich des Sandes hatte sich ein mehrere cm langes und gut 1 cm hohes Höhlensystem ausgebildet. Mit einem Spatel oder später auch einem Taschenmesser angestochert knirschte und knarzte der Sand. Ein deutlicher Zementationserfolg hatte sich eingestellt. Wir kippten dann noch einige wenige Milliliter Lösung nach und stellen den Sand erneut in die Mikrowelle.
Erfolgreich zementiert in nur 4 Minuten: man sieht und hört deutlich, wie der mit Calciumacetat zementierte Sand der Klinge des Messer mehr Widerstand bei Eindringen entgegen bringt als der unverfestigte Dünensand.[8]
Die rund 55 Milliliter Sand waren dann deutlich verfestigt. Mit einem Taschenmesser konnte man nur mit Kraftwand tiefer in den Sand eindringen, wobei der Sand dann eher brach als sanft zur Seite wich. Im unbehandelten Sand drang das Messer aus wenigen Zentimetern Fallhöhe über die gesamte Länge seiner Klinge in den Sand ein. Fazit: die Schnellzementation mit einer Calciumacetatlösung binnen weniger Minuten in der Mikrowelle brachte enen deutlichen Effekt. ✔
Langsame Verdunstung
Keine Zementation: durch eine langsame Verdunstung eines mit Calciumacetatlösung durchtränkten Sandes über mehrere Tage hinweg zementierte der Sand nicht. Stattdessen zeigte er üpprig wuchender Ausblühungen von sehr brüchigen Kristallen an der Oberfläche.
Vorgehen
Wir füllten Sand in einem Becherglas ganz mit in Wasser aufgelöstem Calciumacetat auf. Die Hoffnung war, dass bei der Verdunstung des Wassers das Calciumacetat in den Zwischenräumen zwischen den Sandkörnern Kristalle ausbildet, die den Sand zementieren. Dies Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Stattdessen bildeten sich auf Oberfläche des Sandes hohe Ausblühungen. Der darunterliegende Sand war noch fast 7 Wochen nach Versuchsbeginn völlig unverfestigt.
2. Oktober 2025
Als Gefäß benutzen wir ein Becherglas mit 5 cm Durchmesser. Dort füllen wir etwa 40 ml Lösung von Calciumacetat ein. Anschließend füllten wir in diesem Becher 120 ml Dünensand ein. Der Sand reichte bis an die Oberfläche der Flüssigkeit: Flüssigkeit und Sand ergaben zusammen eine nasse Säule Sand von etwa 6,5 Höhe. Dann wurde das Becherglas bei Raumtemperatur in ein Regal gestellt (am 2. Oktober 2025).
6. November 2025
Schon nach einigen Tagen erkannte man auf der Oberfläche eine erste kleine zarte Ausblühung von erst weißen dann auch rosafarbenen Kristallen. Bis zum 6. November hatten diese Ausblühungen die gesamte Oberfläche des Sandes im Glas bis zu einer Höhe über der Sandfläche von etwa 2,5 cm bewachsen. Die ganze Struktur erinnerte an Blumenkohl oder verbleichte Korallen.
20. November 2025
Auf der Oberfläche des Sandes hatten die Ausblühungen eine Höhe von deutlich über 2,5 cm erreicht. Wir kratzen die Ausblühen dann mit einem Spatel ab und wogen sie: 4,58 Gramm. Die abgekratzen Kristalle waren sehr weich. Bei kleinster Beanspruchung zerbrachen oder zerbröselten sie.
Der Sand in dem Becherglas war jetzt, befreit von den Ausblühungen, gut 7 cm hoch. Die untersten 3 cm erschienen dabei deutlich dunkler, fast wie noch nass, als der Bereich darüber.
Wir kippten das Glas mit dem Becher dann in ein anderes Gefäß. Die oberen 3,5 bis 4,0 cm heller Sand waren trocken und in keinster Weise verfestigt. Die unteren 3 cm waren feucht, dunkel und klumpig und nicht fest. Der feuchte Sand roch streng nach Acetat, der hellere Sand etwas weniger streng aber noch immer spürbar unangenehm.
Bei einer Auswertung von Photographien kann man schemenhaft mögliche Kristalle in Zwischenräumen der Sandkörner erkennen. Das legt zumindest die Färbung des an sich eher gräulichen Sandes mit den eher rosafarbenen Formen der Kristalle nahe.
Fazit
Es kam nicht, wie erhofft, zu einer merklichen Zementation des Sandes. Warum nicht? Ein ähnlicher Versuch mit Kochsalz führte wiederholt zu spürbaren Verfestigungen des Sandes. Dass Kochsalz den Sand zementieren kann wird auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen beschrieben.[6] Warum also misslang die Zementation mit Calciumacetat?
Zu weich?
Eine Möglichkeit ist, dass die Kristalle aus Calciumacetat schlicht zu wenig fest sind. Sie fühlten sich beim Abkratzen von der Oberfläche flaumig weich an und zerbröselten bei der geringsten Beanspruchung. Selbst wenn dann Kristalle in den Porenräumen wachsen würden, wären sie vielleicht so zerbrechlich, dass sie bei schon kleinen Bewegungen der Sandkörner einfach zerbröselt werden.
Porenfrei?
Die zweite Vermutung ist, dass das Acetat erst an der Oberfläche des Sandes auskristallisierte, erst dort, wo das Wasser letztendlich verdunstet ist. Solange das Wasser (vielleicht durch Kapillarkräfte) aufwärts stieg, nahm es das gelöste Acetat mit sich. In den zurückliegenden trockenden Zwischenräumen zwischen den Sandkörnern bildeten sich deshalb keine Kristalle aus, die die Körner hätten zusammenzementieren können. Dass die Kristallisation zuerst an der Oberfläche des Sandes stattfindet, hatten auch Wissenschaftler am Beispiel von Salz beobachtet.[6]
Persönliche Einschätzung
Dass Kristalle, etwa von Salz, Sand zementieren können bestätigen auch Wissenschaftler. Das heißt aber nicht, dass es mit jeder Kristallform funktionieren muss. Meine Vermutung ist, dass die Kristalle des Calciumacetats schlicht zu weich sind. Bemerkenswert finde ich, dass sich eine Reihe von Wissenschaftlern über Jahre hinweg mit solchen Themen beschäftigen. So erfofft man sich zum Beispiel den Unterbau von Wegen durch solche Prozesse zu verfestigen oder Beton beständiger zu machen. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, zu wie vielen mögliche Anwendungen ganz alltägliche Fragen führen können.Fußnoten
- [1] Der Sand stammt vom seeseitigen Fuß einer Düne auf der Nordseeinsel Wangerooge. Laut Verordnung der Gemeinde ist es erlaubt, für private Zwecke kleinere Mengen Sand zu entnehmen. Der Sand wurde dort im August 2025. Eigene Messungen ergaben, dass die Korngröße in der Größenordnung von 0,2 Millimetern (mit Schwankungen liegt).
- [2] Eine graphische Übersicht zu den Korngrößen von Sand an der Niedrigwasserlinie, der Hochwasserlinie und im Vordünenbereich der ostfriesischen zeigt, dass dort die typischen Korngrößen von etwa 200 bis knapp über 300 Mikrometern, kurz µ genannt (1 µ = 0,001 mm) liegen. Mehr dazu findet man in: Hansjörg Streif: Das ostfriesische Küstengebiet. Nordsee, Inseln, Watten und Marschen. Sammlung Geologischer Führer 57. Verlag der Gebrüder Bornträger. Zweite, völlig neubearbeitete Auflage. 1990. ISBN: 3-443-15051-9. Dort vor allem das Kapitel "6. Die holozänen Sedimente". Auf den Seiten 101 und 102 werden die Korngrößen auf dem Meeresboden behandelt. Auf Seite 133 findet man Angaben zu den Korngrößen von der Niedrig- und der Hochwasserlinie sowie den Vordünen. Auf den Inseln Juist, Norderney und Baltrum werden an der Niedrigwasserlinie bis gut 400 Mikrometer oder 0,4 mm erreicht. Im Bereich der Vordünen liegen die Korngrößen meist zwischen 150 bis vielleicht 280 Mikrometer. Nur auf Norderney gehen sie auch knapp über 300 Mikrometer hinaus. Festhalten kann man, dass die typischen Korngrößen meist zwischen 200 bis 300 Mikrometern liegen, mit gelegentlichen Ausreißern nach oben und unten.
- [3] Wie die Muscheln in Essigessenz aufgelöst werden können ist beschrieben im Artikel Schalenauflösung (Versuch) ↗
- [4] Wie man aus den in Essigessenz aufgelösten Schalen Calciumacetat gewinnen kann ist beschrieben im Artikel Kristallzüchtung (Calciumacetat) ↗
- [5] Wie schnell der Füllstand von Wasser bei Verdunstung bei Raumtemperatur abnimmt ist beschrieben im Artikel zum Verdunstungsversuch (Wasser) ↗
- [6] Dass die Zementation von der Oberfläche hin zum Kern von Sand stattfindet, wurde am Beispiel von Natriumchlorid als Zementationsmittel in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung beschrieben: "the water evaporates and the solutes crystallize to form solid bonds between grains." Und dann die wichtige Stelle: die "solidification front propagates from the boundary to the center of the sample." In: Jean-Yves Delenne, Fabien Soulié, Moulay Saïd El Youssoufi, Farhang Radjaï (2010): From liquid to solid bonding in cohesive granular media. arXiv preprint arXiv:1002.4964
- [7] Zur Verfestigung von Straßen: Singh, G., & Das, B. M. (1999). Soil Stabilization with Sodium Chloride. Transportation Research Record: Journal of the Transportation Research Board, 1673(1), 46-54. https://doi.org/10.3141/1673-07 (Original work published 1999)
- [8] Das Video wurde am 27. November 2025 erstellt von Oona Riihijärvi.