Supernova
Astronomie
Basiswissen
Als Supernova bezeichnet man die Explosion eines Sterns. Dabei leuchtet er kurz millionen- bis milliardenfach heller als normal, heller als eine ganze Galaxie, dann schwindet die Helligkeit langsam über eine Zeit von Wochen oder Monaten. Aus dem explodierten Stern entstehen dann zum Beispiel planetarische Nebel, Neutronensterne oder sogar schwarze Löcher.
Hydrodynamischer Kollaps
Ein Weg, wie Sterne in einer Supernova enden können bezeichnet man als hydrodynamischen Kollaps. Er betrifft Sterne mit mehr als der 8fachen Sonnenmasse bis etwa 50 Sonnenmassen[1]. Hat ein solcher Stern irgendwann seinen Kernbrennstoff aufgebraucht, dann wirkt keine ausreichende Kraft mehr gegen die Gravitationskraft, mit der sich seine Masse gegenseitig anzieht. Innerhalb von einer Viertel Sekunde kollabiert der Stern, die äußere Materie rast mit 70 tausend Kilometern pro Sekunde oder 23 % der Lichtgeschwindigkeit auf den Kern zu. Eine Viertel Sekunde später beginnt dieses Material dann am Kern des Sternes abzuprallen. Es wandert dann mit einer Schockwelle mehrere Stunden Richtung Oberfläche. Dabei entstehen Elemene wie Gold, Silver, Platinum, Uran. Die Supernova kann dann über mehrere Monate an Leuchtkraft zunehmen, bis sie allmählich wieder erlischt.[1]. Das ins All geschleuderte Material bildet oft einen planetarische Nebel. Der feste Rest des kollabierten Sternes kann zu einem schwarzen Loch werden oder auch zu einem Neutronenstern ↗
Thermodynamischer Kollaps
Ein zweiter Weg für eine Supernova hat am Anfang sehr kleine aber sehr heiße Sterne, sogenannte Weiße Zwerge[1]. Können sie Masse von außern anziehen, etwa von einem Begleitstern, dann können sie kollabieren, das heißt durch Gravitationskraft in sich zusammenfallen. Das passiert, wenn sie in etwa die 1,4fache Masse der Sonne erreicht haben[1]. Dabei werden sie noch heißer und dichter und es beginnt ein sogenanntes Kohlenstoffbrennen in ihrem Inneren. Das wiederum zerreisst den Stern. Man spricht von einer Supernova vom Typ Ia. Der Stern leuchtet einige wenige Tage hell auf und erlischt dann langsam wieder[1]. Siehe auch Kohlenstoffbrennen ↗
Eine Supernova aus dem Jahr 1054?
Im Jahr 1054, wenige Jahrzehnte vor dem Beginn der Kreuzzüge, wurde in China und der arabischen Welt ein heller Stern beschrieben, der sogar tagsüber, wie die Venus, sichtar gewesen sein soll. Für Europa gibt es keine gesicherten Nachweise einer Beobachtung[3]. Das Phänomen dauerte einige Monate und spielte sich im Sternbild Stier ab. Man geht heute davon aus, dass es sich um eine Supernova handelte[2]. Die Reste dieser Explosion ist der Krebsnebel im Stier (Sternbild) ↗
Die philosophische Bedeutung einer Supernova von 1572
Im Jahr 1572 beobachteten Astronomen im Sternbild Kassiopeia eine neuen Stern am Himmel[5]. Das war zu der Zeit, als das alte Weltbild des Aristoteles immer schwieriger aufrecht erhalten werden konnte. Aristoteles zufolge war der Himmel ein Bereich des Unveränderlichen, Ewigen und Göttlichen[4]. Aristoteles führt begründet das auch durch die Überlieferungen aus älteren Zeiten, also auch empirisch: "da sich sonst im Laufe der unendlichen Zeit bereits die Sterne auseinander bewegt hätten, da sich der eine schneller bewegte und der andere langsamer. Doch es lässt sich nicht beobachten, dass sich ihre Abstände verändert hätten.[8]" Dieses Vorstellung von Aristoteles, nämlich über das Göttliche und Unveränderliche waren im Mittelalter in Westeuropa aufs Engste verwoben worden mit der christlichen Theologie. Und wenn nun die Lehrsätze des Aristoteles unter Druck gerieten, so geriet auch die christliche Theologie unter Druck. Das brachte eine enorme gesellschaftliche Brisanz in die Beobachtungen der damaligen Naturforscher. Die Supernova aus dem Jahr 1572 war einer (von mehreren) solchen Belegen, dass die alten Sichten von Aristoteles und der Kirche nicht stimmen konnten, sondern am Himmel sehr wohl Veränderungen vor sich gehen. Siehe dazu auch den Artikel Translunar ↗
Fußnoten
- [1] Fraser Cain: How quickly does a supernova happen? In: Phys.org (Isle of Man). 10. April 2015. Online: https://phys.org/news/2015-04-quickly-supernova.html
- [2] George W. Collins II., William P. Claspy, John C. Martin: A Reinterpretation of Historical References to the Supernova of A.D. 1054. In: Publications of the Astronomical Society of the Pacific. Vol. 111, Juli 1999, S. 871–880, doi:10.1086/316401.
- [3] F. Richard Stephenson, David A. Green: Was the supernova of AD 1054 reported in European history? In: Journal of Astronomical History and Heritage. Vol. 6, Nr. 1, 2003, S. 46–52, bibcode:2003JAHH....6...46S.
- [4] Aristoteles Werke in deutscher Übersetzung. Begründet von Ernst Grumach. Herausgegeben von Hellmut Flashar. Band 12. I. Teil III Über den Himmel. Übersetzt und Erläutert von Alberto Jori. Akademie Verlag. Berlin. 2009. ISBN: 978-3-05-004303-6. Dort wird der Himmel zunächst mit dem Bereich des Göttlichen gleichgesetzt, denn "alle Menschen haben eine Vorstellung von den Göttern, und alle, sowohl Barbaren als auch Hellenen, die überhaupt nur an Götter glauben, weisen dem Göttlichen den höchsten Ort zu: Offensichtlich denken sie sich das Unsterbliche (die Götter) mit dem Unsterblichen (dem Himmel) verbunden, und es könnte auch gar nicht anders sein." Und die Erfahrung zeigt, dass der Himmel ein Bereich des Unveränderlichen war: "In all der vergangenen Zeit hat sich in der Überlieferung, die von Generation zu Generation weitergereicht worden ist, I offenbar weder hinsichtlich der Gesamtheit des äußersten Himmels noch hinsichtlich irgend eines der ihm eigenen Teile etwas verändert."
- [5] Als man im Jahr 1572 plötzlich und für kurze Zeit einen neuen Stern am Himmel sah (es war eine Supernova), lieferte dies ein Argument dafür, dass der Himmel nicht ewiglich und unverdänderlich ist, wie man bis etwa zur Zeit Newtons angenommen hatte. In einem wissenschaftlichen Artikel über den Wandel des Weltbildes um die Zeit Newtons heißt es dazu: "But if in the translunar region changes can occur, so the possibility to describe it by means of mathematics is not the consequence of its changelessness, as Aristotle claimed. According to Aristotle the skies can be described mathematically, because they consist of a special substance, and therefore are changeless. However, when the skies may change, this means that the possibility to describe them by means of mathematics is unrelated to their changelessness. Therefore it may be possible to describe mathematically also the terrestrial phenomena." In: Ladislav Kvasz: Galileo, Descartes, and Newton-founders of the language of physics. December 2012. Acta Physica Slovaca 62(6):519-614. DOI: 10.2478/v10155-012-0001-6. Siehe auch Translunar ↗
- [6] "SN 1572 (B Cassiopeiae, B Cas) war eine am 11. November 1572 im Sternbild Cassiopeia erschienene galaktische Supernova des Typs Ia. Sie erreichte eine Helligkeit von −4 mag. SN 1572 wurde von Tycho Brahe umfangreich beschrieben.[1] Er prägte auch den Begriff „Nova“ (von lat. stella nova: „neuer Stern“), weil er sie für einen neuen Stern hielt. Mit dieser ersten Beobachtung einer Supernova von europäischen Astronomen war gezeigt, dass auch die Fixsterne nicht unveränderlich sind." In: SN 1572. Wikipedia. Abgerufen am 23. Oktober 2023. Online: https://de.wikipedia.org/wiki/SN_1572
- [7] "In der Antike galt irdische Physik nur für die Erde und eine völlig andere 'Himmelsphysik' für den Himmel." Erst später entstand die heutige, klassische "Physik, die für Erde und Himmel dieselben Gesetze hat. Das war ja das Revolutionäre an Newtons Mechanik 1687." In: Jürgen Teichmann: Wandel des Weltbildes. Astronomie, Physik und Meßtechnik in der Kulturgeschichte. Mit Beiträgen von Volker Bialas und Felix Schmeidler. Herausgegeben vom Deutschen Museum in München, über die Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. 1983. Dort die Seite 31. Siehe auch translunar ↗
- [8] Aristoteles Werke in deutscher Übersetzung. Begründet von Ernst Grumach. Herausgegeben von Hellmut Flashar. Dort 288 b. Seite 64.