Mittlere Freie Weglänge
Physik
Definition
Die mittlere freie Weglänge ist die durchnschnittliche Strecke λ zwischen zwei Stößen von Teilchen eines Gases: Gase bestehen aus Molekülen, die sich ständig in zufälliger Richtung bewegen[1]. Dabei stoßen die Gasteilchen häufig aneinander. Die durchschnittliche Strecke, zum Beispiel in Nanometern, die ein Molekül von einem Stoß bis zum nächsten braucht nennt man die mittlere frei Weglänge λ.
Mittlere freie Weglängen für Luftmoleküle
Luft besteht vorwiegend aus Stickstoff- und Sauerstoffmolekülen. Bei einem normalen Umgebungsdruck von 1013 Hektopascal und bei einer Temperatur von 0° C beträgt die mittlere freie Weglänge eines Luftmoleküls 68 Nanometer oder 0,000000068 Meter oder 68 milliardstel Meter.
Legende
- Spalte 1: Name der Vakuumart
- Spalte 2: Druck in Hektopascal
- Spalte 3: Teilchendichte in Molekülen pro cm³
- Spalte 4: Mittlere freie Weglänge
Werteliste
- Umgebungsdruck | 1013 | 2,7·10^19 | 68 nm
- Grobvakuum | 300 bis 1 | 10^19 bis 10^16 | 0,1 bis 100 μm
- Feinvakuum | 1 bis 10−3 | 10^16 bis 10^13 | 0,1 bis 100 mm
- Hochvakuum (HV) | 10^−3 bis 10^−7 | 10^13 bis 10^9 | 10 cm bis 1 km
- Ultrahochvakuum (UHV) | 10−7 bis 10−12 | 10^9 bis 10^4 | 1 km bis 100000 km
- extr. Ultrahochv. (XHV) | weniger als 10^−12 | weniger als 10^4 | mehr als 100000 km
- Siehe auch Vakuum (Technik) ↗
Was ist der kinetische Durchmesser?
In Modellen von Teilchen wird zur Berechnung der mittleren freien Weglänge oft ein hypothetischer Durchmesser gedachter Kugelteilchen zugrunde gelegt. Diesen rein hypothetischen Durchmesser heißt kinetischer Durchmesser ↗
Die Bedeutung für die Viskosität von Gasen
Die mittlere Freie Weglänge hat einen Einfluss auf die Viskosität von Gasen. Je kleiner die mittlere freie Weglänge, desto viskoser ist das Gas. Siehe auch Viskosität ↗
Die mittlere freie Weglänge von Materiewellen
Bis hierher beruht die Idee der mittleren freien Weglänge auf dem Teilchenmodell der Materie. Dass sich Materie anders, nämlich wellenartig, verhalten sollte, war im Weltbild der klassischen Physik völlig unvorstellbar[1].
Fußnoten
- [1] "Unter der mittleren freien Weglänge (Formelzeichen: λ) versteht man die Strecke die ein in einem Gase fliegendes Teilchen im Mittel zwischen zwei Zusammenstößten zurücklegt." In: Oskar Höfling: Physik. Lehrbuch für Unterricht und Selbststudium. Fünfzehnte Auflage. 1994. ISBN: 3-427-41045-5. Dort die Seite 307.
Fußnoten
- [1] So schrieb am 19. November 1921 der spätere Nobelpreisträger der Physik, Max Born, an seinen Freund Albert einstein über eine "schier verrückte Behauptung" des Physikers Ramsauer aus Jena, "daß in Argon die Weglänge der Elektronen mit sinkender Geschwindigkeit unendlich wird (die Atome werden von langsamen Elektronen frei durchflogen). Das wollen wir gern widerlegen." Über 40 Jahre später gestand Born im Rückblick ein, dass Ramsauer Recht hatte. Eine Erklärung, so Born lieferte aber erst "de Broglies Wellenmechanik: die Materiewellen der Elektronen haben eine der Geschwindigkeit proportionale Wellenlänge. Sieht man ihre Stöße auf Atome als Beugungserscheinung, so ist sofort verständlich, daß langsame Elektronen, d. h. solche von großer Wellenlänge, von den atomaren Hindernissen wenig beeinflußt werden." In: Albert Einstein Max Born Briefwechsel 1916-1955. Geleitworte von Bertrand Russell und Werner Heisenberg. Ullstein Buch, Frankfurt am Main, 1986. ISBN: 3-548-3445-7. Dort die Seiten 93 und 95. Siehe auch Materiewelle ↗