Gefrierverzögerung
Physik
Basiswissen
Bei einer sogenannten Gefrierverzögerung[1] wird Wasser bis weit unter den Gefrierpunkt abgekühlt. Theoretisch müsste es bei Temperaturen unterhalb von 0 °C gefrieren.[2] Es ist bisher noch nicht klar, warum Wasser dieses sonderbare Verhalten zeigt. Eine wichtige Rolle scheint die amorphe, glasartige Struktur von Eis zu spielen.[3] Die Gefrierverzögerung spielt unter anderem bei der Frostabhärtung von Pflanzen eine Rolle.[4]
Gefrierverzögerung und der Zeitpfeil der Physik
Die Naturgesetze der Physik, die auf den Newtonschen Axiomen berühren sind zeitumkehrinvariant. Das heißt, die von ihnen beschriebenen Prozesse sind vorwärts gedacht genauso plausibel wie rückwärts gedacht. Das trifft zum Beispiel für den Zusammenstoß von Kugeln, den freien Fall oder den senkrechten Wurf zu. Man spricht auch von sogenannten Zeitsymmetrie. Das Erstarren von Wasser bei Unterschreitung von 0 °C scheint aber nicht zu diesen zeitsymmetrischen Prozessen zu gehören.
Erhitzt man Eis bei Normaldruck langsam Richtung 0 °C ändert es zwar seine innere Struktur[3] aber es wird nicht flüssig. Erst ab 0 °C beginnt der Phasenübergang zum flüssigen Wasser. Ein Film, der die Unterkühlung von Wasser, also eine Gefrierverzögerung zeigt, ist also in umgekehrter Richtung nicht plausibel. Der Prozess wäre damit nicht zeitumkehrinvariant. An Prozesse, die nur in eine Richtung plausibel sind, kann man gedanklich einen Richtungspfeil anheften, einen sogenannten Zeitpfeil ↗
Quaestiones
- 1) Wird die Gefrierverzögerung im Zusammenhang mit zeitumkehrinvarianten Prozessen als ein mögliches Beispiel betrachtet?
Fußnoten
- [1] "Bei der Gefrierverzögerung wird Flüssigkeit bis unter den Gefrierpunkt abgekühlt, ohne dass diese erstarrt. Allgemein ist dieser Effekt auch als unterkühlte Schmelze bekannt." In: der Artikel "Unterkühlung_(Thermodynamik)". Wikipedia. Stand 4. Januar 2025. Online: de.wikipedia.org/wiki/Unterkühlung_(Thermodynamik)
- [2] "Normalerweise gefriert Wasser am Gefrierpunkt bei 0 Grad Celsius. Verwendet man aber sehr reines Wasser, in dem es keine Teilchen gibt, die als Keime für die Kristallisation dienen können, bleibt es auch unterhalb des Gefrierpunktes flüssig. Im Niemandsland – zwischen minus 38 Grad Celsius und minus 115 Grad Celsius – ist unterkühltes Wasser nur für Sekundenbruchteile flüssig und gefriert dann plötzlich zu Eis." In: Anna Heise: Flüssiges Wasser bei minus 46 Grad. Erstmals ist Röntgenstrukturuntersuchung von unterkühltem Wasser im „Niemandsland“ gelungen. 18. Juni 2014. Welt der Physik. Gefördert von der DPG. Online: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2014/superkaltes-wasser/
- [3] Forschungen von der Universtität Innsbruch betrachteten die Dichte und die Struktur von Eis aus Wasser: Volumetric study consistent with a glass-to-liquid transition in amorphous ices under pressure. Markus Seidl, Michael S. Elsaesser, Katrin Winkel, Gerhard Zifferer, Erwin Mayer, Thomas Loerting. Phys. Rev. B 83 (2011) doi:10.1103/PhysRevB.83.100201
- [4] "Resistenz gegen Schädigung durch Gefrieren wird als Frostresistenz bezeichnet. Die Pflanzen erreichen die Frostresistenz durch Gefrierverzögerung oder durch Gefrierbeständigkeit." In: der Artikel "Frostabhärtung". Lexikon Spektrum der Geographie. 4. Januar 2025. Online: https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/frostabhaertung/2714