Flatland
Gedankenexperiment
Basiswissen
Als Flatland, auch Deutsch so viel wie Flachland, bezeichnet man heute ein fiktives Land, oft im Sinne eines Gedankenexperimentes, um das Denken in Geoemtrieren mit verschieden hoher Dimensionalität zu üben oder in Analogien zu zeigen.[3][4] Der Gedanke führt hin bis zur Idee einer gekrümmten Raumzeit.[8]
Zur Geschichte des Flatlands
Als Flatland bezeichnet man eine fiktive Welt, deren Bewohner sich nur in einer flachen Ebene bewegen können. Die Idee eines Flatland war zunächst als Satire gedacht[1][2]. Bewohner des Flatland können nach links und recht, nach vorne und hinten, aber nicht nach oben und unten gehen. Später wurde die Idee dan von Mathematiker verwendet, um sich ein Denken in einer wechselnden Anzahl von Dimensionen vorstellen zu können.[3][4] Später wurde der Gedanke auch als Computersimulation umgesetzt[5] und fiktive Technologien in solchen Welten (dem Planiverse) untersucht.[6] Man kommt so zur Vorstellung eines gekrümmten Raumes[7] bis hin zur Idee einer gekrümmten Raumzeit[8]. Siehe mehr unter gekrümmter Raum ↗
Beispiel: Flachländer im 3D-Raum
Die Bewohner von Flatland können sich eine dritte Dimension zunächst nicht vorstellen. Sie können nach vorne und hinten, nach links und nach rechts gehen. Aber es gibt kein oben und unten. Die Bewohner sind auch alle flach. Es gibt Quadrate, Striche, Punkte, Sechs- oder Fünfecke und derlei mehr.
Eines Tages setzt ein Phantast die Idee in die Welt, dass man vielleicht immer geradeaus gehen könnte, und am Ende wieder am Ausgangspunkt ankommt. (Fast) Alle halten ihn für verrückt. Doch dann macht jemand den Versuch und geradeaus in immer nur eine Richtung. Zur Sicherheit rollt er hinter sich ein rotes Band ab, um den Rückweg zu finden. Er benötigt das rote Band aber nicht. Obwohl er immer nur geradeaus Richtungen Osten gegangen ist, kommt er irgendwann wieder von Westen aus am Ausangspunkt an. Schlaue Denker kommen auf die Idee, dass Flatland tatsächlich eine Art Oberfläche in einer höheren Dimension sein könnte. Wir Wesen aus einer 3D-Welt würden das eine Kugeloberfläche nennen.[13] Um die Theorie zu testen, gibt es eine zweite Expedition, die dieses mal nach Norden loszieht. Sie zieht ein blaues Band hinter sich. Das Ergebnis ist aber aus zwei Gründen sehr verblüffend: die zweite Expedition kommt vom Süden her irgendwann wieder am Ausgangspunkt an. Aber: sie hat sehr viel weniger Zeit benöigt als die erste Expedition. Und: es gibt nirgends eine Stelle, an der das rote Band der ersten Umrundung das blaue Band der zweiten Umrundung gekreuzt hat. Die zwei Bändern laufen nur gemeinsam im Start- (und End) zusammen. Wie kann das sein? Die Antwort ist: Flatland könnte die Oberfläche eine Torus[14] sein.[4]
Fußnoten
- [1] Als Satire auf die Viktorianische Gesellschaft: Edwin Abbott: Flatland. A Romance of Many Dimensions. 1884. Deutsch: Edwin A. Flachland. Übersetzt von Mirjam Rabe. Kommentierte Ausgabe. Springer Spektrum Verlag. 2023.
- [2] Humoristisch beschrieb Wilhelm Busch (1832 bis 1908), ein Pionier des Genre des Comics, eine flache Welt über mehrere Seiten: "Da lag sie vor uns, die Horizontalebene … Das Tor, welches wir passieren mussten, hatte nur Breite, aber nicht die mindeste Höhe." Eine soziale Folge ist die schwere Erkennbarkeit des Status: "Vornehme und Geringe sind auf den ersten Blick nur schwer zu unterscheiden". Und mehrere Seiten so, in: Wilhelm Busch: Eduards Traum.
- [3] Charles Howard Hinton: An Episode of Flatland. 1907. Erstveröffentlichung im Jahr 1904. Nachdruck: Manesse Verlag. Zürich. 1959. ISBN: 978-3-7175-4060-1. Dort ab Seite 19.
- [4] Flatland ist eine "two-dimensional universe resembling a giant plane". Die Bewohner dort können sich eine dritte Dimension zunächst nicht vorstellen. Das Beispiel mit den zwei Expeditionen stammt aus: Jeffrey R. Weeks: The Shape of Space. CRC Press. 2002. ISBN: 13-978-0-8247-0709-5. Dort das Kapitel "1. Flatland". Die Seiten 3 bis 12. Siehe auch The Shape of Space ↗
- [5] Als simulierte zweidimensionale Software, in der es vor allem um die Physik, Chemie und Technik einer zweidimensionalen Welt geht: A. K. Dewdney: The Planiverse: Computer Contact with a Two-Dimensional World. 1984.
- [6] A. K. Dewdney: Two-dimensional Science and Technology. University of Western Ontario, 1980. 110 Seiten.
- [7] Franz Serafin Exner: Grundlagen der Naturwissenschaften. Deuticke Verlag. 1919. Dort wird ab Seite 18 die Idee einer Raumkrümmung entwickelt. Ausgangspunkt ist das Krümmungsmaß K definiert als 1/rho, welches ursprünglich von Carl Friedrich Gauß eingeführt worden sei. Das kleine griechisch rho sei der Krümmungsradius, "das ist der Radius eines Kreises von gleicher Krümmung wie sie die Kurve an dem betreffenden Punkte besitzt". Exner lässt hier für rho auch den Wert unendlich zu, bei einem eindimensionalen Raum zu einer Gerade führt. Ist rho konstant (aber nicht unendlich), so entsteht ein Kreis. Für zweidimensionale Räume ergibt sich das Krümmungsmaß K als 1/(rho1 mal rho2). Rho1 und rho2 nennt Exner hier die Hauptkrümmungsradien. Sind sie beide unendlich groß, wird der zweidimensionale Raum zu einer "Ebene". Exner extrapoliert dann weiter in den dreidimensionalen Raum und definiert dessen Krümmungsmaß als 1/(rho1 mal rho2 mal rho3), und gesteht ein "Eine geometrische Vorstellung lässt sich damit freilich nicht mehr verbinden". Exner geht dann auf die geometrisch-physikalische Deutung spezieller Werte für K ein.
- [8] Die Flacherde als Ausgangspunkt einer gekrümmten Raumzeit: "What has happened to the theory of the earth has happened also to the theory of the world of spacetime. An observer at rest at the earth's centre represents what is happening in a frame of space and time constructed on the usual conventional principles which give what is called a flat space-time. He can locate the events in his neighbourhood without distorting their natural simplicity. Objects at rest remain at rest; objects in uniform motion remain in uniform motion unless there is some evident cause of disturbance". In: Arthur Stanley Eddington: The Nature of the Physical World. MacMillan, 1928 (Gifford Lectures). Dort die Seite 118. Siehe auch gekrümmter Raum ↗
- [9] Begley, Sharon. 1982: Life in Two Dimensions: Newsweek. January 18, pp. 84–85.
- [10] Dewdney, A.K. 1979. "Exploring the Planiverse." Journal of Recreational Mathematics. 12:16–20.
- [11] Dewdney, A.K. 2000. "The Planiverse Project: Then and Now." The Mathematical Intelligencer. 22:46–51.
- [12] Gardner, Martin. 1980/2001. "The Wonders of a Planiverse." Scientific American, July 1980; reprinted with appendix in The Colossal Book of Mathematics (New York: Norton).
- [13] Flatlanders, die in Wirklichkeit auf einer Kugeloberfläche wohnen, kämen letztenendlich hin zur Mathematik für eine sphärische Geometrie ↗
- [14] Ein in der Topologie äußerst interessanter Körper ist der Torus ↗