Wahrer Mittag
Astronomie
Definition
Der wahre Mittag ist der Zeitpunkt, zu dem die Mitte der Sonnenscheibe bei ihrem scheinbaren Lauf über den Tageshimmel ihren höchsten Punkt erreicht. In der Astronomie sagt man dann auch, dass sie dann den Meridian des Beobachtungsortes schneidet[1]. Der wahre Mittag kann schon mit einem einfachen Schattenstab, einem sogenannten Gnomon recht gut bestimmt werden. Längere solche Beobachtungen mit einem Gnomon lassen dann Schlüsse auf die eigene geographische Breite und sogar die Schiefe der Ekliptik[2] bestimmen konnte. Siehe auch Gnomon ↗
Fußnoten
- [1] 1904: "Wahrer Mittag, wahrer Sonnentag, wahre Sonnenzeit, wahre Zeit. Wahrer Mittag ist in einem bestimmten Beobachtungsort der Erde in dem Augenblick, in dem der Mittelpunkt der Sonne, wie sie am Himmel erscheint, den Meridian des Beobachtungsorts passiert. Die Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden Meridiandurchgängen der Sonne ist der wahre Sonnentag; seine Dauer ist im Laufe des Jahres veränderlich wegen der ungleichförmigen Geschwindigkeit, mit der die Sonne ihre scheinbare Bahn, die ein Abbild der Bahnellipse der Erde ist, durchläuft. Ist die Erde ein Perihelium (die Sonne in Perigaeum), so wird die Sonne wegen der Bedingung, die das zweite Keplersche Gesetz aus der Zentralbewegung zweier Körper stellt, zur Zurücklegung eines bestimmten Bogens ihrer scheinbaren Bahn weniger Zeit gebrauchen als zur Zeit des Apheliums. Die in einem bestimmten Moment gültige wahre Zeit oder wahre Sonnenzeit ist der Stundenwinkel der Sonne (vgl. a. Koordinaten am Himmel); sie ist aus den oben angegebenen Ursachen keine gleichförmig ablaufende Zeit und eignet sich deshalb nicht mehr für unsre Uhren, die vielmehr nach »mittlerer« Zeit (vgl. Mittlerer Mittag, Bd. 6, S. 444) reguliert werden mußten. Jede Zeitbestimmung mit Hilfe der Sonne führt aber zunächst auf die wahre Zeit, und sie muß erst mit Hilfe der Zeitgleichung in mittlere Zeit verwandelt werden. Zum Beispiel zeigen auch die Sonnenuhren (s.d.) wahre Zeit." In: Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 822-823. Online: http://www.zeno.org/nid/20006146945
- [2] "Gnomon, eine Einrichtung, die schon bei den ältesten Kulturvölkern dazu benutzt wurde, die Höhe der Sonne und damit die Tageszeit besonders im Moment des Mittags (der Kulmination) zu bestimmen. Zunächst bestanden diese Instrumente aus hohen Stäben, Säulen oder ähnlichen Einrichtungen, die durch den Schatten, den sie warfen, zur Bestimmung der Tageszeit benutzt wurden. Man zog um den Fußpunkt des Lotes von der Spitze des Gnomons auf die Erdoberfläche einige konzentrische Kreise und beobachtete dann, wann das Ende des Schattens diese Kreise erreichte. Entsprechend gelegene Schnittpunkte miteinander verbunden gaben dann durch die Orte der Sehnenmittelpunkte den Moment des wahren Mittags. Aus der Länge des Schattens zu dieser Zeit und der Höhe des Gnomons ergibt sich die anguläre Höhe der Sonne. Werden diese Längen zur Zeit ihres Maximums und ihres Minimums gemessen, so kann man einerseits mit Hilfe des daraus gebildeten Mittels die geographische Breite des Beobachtungsortes 1/2 (Hmax + Hmin) = 90 – φ, anderseits die Schiefe der Ekliptik 1/2 Hmax – Hmin = ω, wenn ω diese Schiefe bedeutet, bestimmen. Da das Ende des Schattens schlecht begrenzt erscheint, hat man später an die Stelle der Spitze der Säule oder dergl. eine Scheibe mit kleiner runder Oeffnung gesetzt, durch die hindurch dann die Sonnenstrahlen scheinen und ein kleines Sonnenbildchen erzeugt wird. Dergleichen Einrichtungen sind, abgesehen von den alten indischen und ägyptischen Gnomonen, auch in späterer Zeit wieder hergestellt worden. Bekannt ist der von Augustus in Rom aufgestellte Gnomon (ein alter ägyptischer Obelisk), dann der von Toscanelli im Dom von Florenz eingerichtete; auch im Dom zu Mailand ist eine Einrichtung der letztbeschriebenen Art angebracht. Die Genauigkeit der Angaben wächst natürlich mit der Höhe des Gnomons über der Fläche, auf der das Schattenende beobachtet wird, so daß bei 20–30 m Höhe schon auf 1–2 Sekunden der Moment des wahren Mittags sich angeben läßt. Im übrigen ist hierzu das unter Sonnenuhren Beigebrachte zu vergleichen; ebenso ist dort auf die Literatur hingewiesen." Der Artikel stammt von Ambronn. In: Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 583. Online: http://www.zeno.org/nid/20006033903