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Staatsräson


Soziologie


Basiswissen


Als Staatsräson bezeichnet man eine Denk- oder Handlungsweise, die die Interessen eines speziellen Staates den unbedingten Vorrang vor anderen Interessen (etwa Gerechtigkeit, Wohlstand etc.) gibt. Das ist hier kurz mit historischen Verweisen vorgestellt.

Erste Ausformulierung der Idee


Als erste klare Ausformulierung der Idee, dass der Staat mit seinen Interessen über allem anderen steht gilt Das Buch "Der Fürst" des Italieners Niccolo Machiavelli[1] aus dem Jahr 1513. Das Buch enthält Ratschläge, wie die Macht im Staat zu erlangen und zu erhalten ist. In dem zeitgleich erschienen Buch "Il Discorsi" betrachtet Machiavelli den Staat auch aus Sicht der Bewohner und deren Freiheitsbedürfnisse. Machiavelli erkennt also den Interessenskonflikt zwischen Bürger und Staat und reflektiert diesen auch.

Erste Benennung als Staatsräson


Als Urheber des Wortes Staatsräson gilt der Italiener Givoanni Botero. In seiner Staatstheorie weist[2] er Machiavellis bedingungslosen Vorrang des Staatsinteressen zurück und fordert einen Staat auf christlicher Grundlage.

Exemplarischer Konflikt im Preußischen Staat


Der ehemalige Staat Preußen des 18ten Jahrhunderts kann als Sinnbild gelebter Staatsräson betrachtet werden. Das kleine aufstrebende Land in Mitteleuropa war damals eingekeilt zwischen übermächtigen anderen Staaten und konnte sich nur als durchrationalisierter Militärstaat. Die ganze Wirtschaft und der ganze Staatsapparat waren letztendlich auf die militärische Nützlichkeit hin ausgelegt. Dieser Logik mussten sich selbst die zwei Könige Friedrich Wilhlem I und sein Sohn Friedrich der II unterwerfen. In seinem politischen Testament formuliert Friedrich II das mit den folgenden Worten: "In einem Staate wie Preußen ist es durchaus notwendig, dass der Herrscher die inneren Angelegenheiten seines Staates selbst führt ... Eine gut geleitete Staatsregierung muss ein ebenso fest gefügtes System haben wie ein philosophisches Lehrgebäude. Alle Maßnahmen müssen durchdacht sein, Finanzen, Politik und Heerwesen auf ein gemeinsames Ziel steuern: nämlich die Stärkung des Staates und das Wachstum seiner Macht. Ein System kann aber nur aus einem Kopfe entspringen; also muss es aus dem des Herrschers hervorgehen. Trägheit, Vergnügungssucht und Dummheit: diese drei Ursachen hindern die Fürsten an ihrem edlen Berufe, für das Glück der Völker zu wirken ... Der Herrscher ist der erste Diener des Staates. Er wird gut besoldet, damit er die Würde seiner Stellung aufrechterhalte. Man fordert aber von ihm, dass er werktätig für das Wohl des Staates arbeite".[3]

Staat und Individuum, Individuum und Kollektiv


Mit dem Begriff der Staatsräson wird immer auch der Antagonismus, der ewige Widerstreit zwischen den Interessen des Individuums und von Kollektiven angesprochen. In menschlichen Lebensbereich können solche Kollektive lockere Gruppen (Forschungsteams), Stämme, Unternehmen, Vereine oder auch Staaten sein. Überall wird man zuhaufe Konfliktsituationen finden, in denen man zwischen dem Wohl eines Einzelnen und dem Wohl des Ganzen zu wählen hat. Bemerkenswerte Analogien liefert hier die Entwicklung von Einzellern hin zu Mehrzellern. Sowie sich Einzeller zu Vielzellern verbunden haben, ordnete sich das Interesse der einzelnen Zellen dem Wohl des Vielzellers unter. Dieses Phänomen findet einen starken Ausdruck in dem programmierten Selbstmord einzelner Zellen, der sogenannten Apoptose ↗

Fußnoten


Berlin, Brandenburg und Preußen.