Schwarmintelligenzen
Beispiele
Basiswissen
Als Schwarmintelligenz bezeichnet man eine kollektive Intelligenz aus gegeneinander abgrenzbaren aber funktional kaum oder gar nicht unterscheidbaren Einzelbestandteilen. Es gibt also keine wesentliche dauerhafte Arbeitsteilung. Jedes Individuum kann beliebig niederkomplex sein, die kollektive Intelligenz „emergiert“ aus den Interaktionen. Hier stehen einige Beispiele dazu.
Swarm bots
Viele stark miniaturisierte Roboter simulieren Insektenschwärme: sie räumen effektiv Müll weg, sammeln Futter wie Ameisen (foraging)[1] oder bilden gemeinsame Überkörper, die ihre Form ändern können[2].
Magnet-Termiten
In Australien gibt es große in der Landschaft aufragende Bauten von Termiten. Sie sind immer so nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet, dass eine optimale Klimatisierung des Gesamtbaus gewährleistet ist. Man geht davon aus, dass keine einzelne Termite einen Gesamtplan des Gebildes im "Kopf" hat, das komplexe Übergebilde entsteht aus der Interaktion der Einzeltiere.[3]
Soziale Ameisen
Soziale Ameisen gelten als Prototyp für Insekten mit Schwarmintelligenz und gelten zum Teil auch als Vorbilder für menschliche Gesellschaften[9]: Ameisen finden beispielsweise oft den kürzesten Weg zwischen einer ergiebigen Futterquelle und ihrem Nest. Dabei muss der Weg nicht als gerade Linie verlaufen, er kann sich schlängeln um viele Hindernisse winden. Jede einzelne Ameise muss dabei nur ständig ein Pheromon an den Boden abgeben. Das Pheromon verdunstet langsam. Bewegt sich jede einzelne Ameise dann in Bereichen hoher Pheromondichte (Geruch), entsteht daraus die kollektive Intelligenz. Entsprechende Stichworte aus der Forschung sind "ant colony optimization" und "ant robotics"[4]. Siehe auch Ameise ↗
Bienenvölker
Bienevölker als Ganzes müssen entscheiden, wie viele Bienen ausschwärmen, um Futter zu suchen und wie viele Bienen im Stock bleiben, um dort Arbeit zu verrichten. Abhängig von der Entfernung und der Ergiebigkeit von Futterquellen ergeben sich daraus sehr unterschiedliche Optima. Bienenvölker als Ganzes finden diese Optima, ohne dass eine einzelne Biene einen Gesamtüberlick der Situation benötigt[5]. Siehe auch Bien ↗
Micro Air Vehicles
Kleine fliegende Roboter, ähnlich Insekten oder Kolibris gebaut, können Spionage und Angriffstätigkeiten im Militär übernehmen. Seit etwa 2010 werden dazu praktische Forschungsarbeiten vorangetrieben[6].
Militärinsekten
Der polnische Autor Stanislaw sagte bereits in den 1980er Jahren die Miniaturisierung von Militärgeräten und Soldaten voraus: Statt eines Kampfflugzeuges oder Flugzeugträges mit mehreren Milliarden Euro Kosten werde man sich zukünftig immer mehr für Schwärme beliebig kleiner und billiger Roboter entscheiden. Mehr dazu unter soziointegrative Degeneration ↗
Boids
Computer-Schwarm-Vögeln: jeder einzelne Vogel folgt in seine Flug nur wenigen primitiven Regeln. Das Kollektiv als Ganzes, der Schwarm verhält sich dann oft intelligent gestalthaft. Boids können mit wenigen Programmierkenntnissen selbst nachprogrammiert werden. Siehe unter Boids ↗
Mars-Insekten
Der englische Autor Olaf Stapledon beschrieb in seinem Science Fiction Klassiker[7], wie Schwärme elektromagnetisch gesteuerter Metallinsekten die Erde überfallen. Jedes Metallinsekt ist von erschütternder Primitivität und als Einzelding völlig orientierungslos und ungefährlich. Stapledon beschreibt ausführlich die biologische Evolution dieser Lebensform auf dem Mars und ihr inneres psychisches (Er)Leben. Siehe auch Olaf Stapledon ↗
Killer-Wolken
Der polnische Autor Stanislaw beschrieb in seinem Roman "Der Unbesiegbare"[8] den Kampf von Astronauten gegen aggressive und intelligente Wolken aus Metallinsekten auf einem fremden Planeten. Lem lässt es bis zum Ende offen, ob man den Wolken Lebendigkeit zuschreiben muss oder nicht. Sie sind evoluiert aus ehemaligem Elektronik-Schrott einer inzwischen ausgelöschten Vorgänger-Zivilisation. Siehe auch Stanislaw Lem ↗
Fußnoten
- [1] Rubenstein, Michael; Ahler, Christian; Nagpal, Radhika (2012). "Kilobot: A Low Cost Scalable Robot System for Collective Behaviors". 2012 IEEE International Conference on Robotics and Automation: 3293–3298. doi:10.1109/ICRA.2012.6224638. ISBN 978-1-4673-1405-3.
- [2] Kernbach, Serge & Meister, Eugen & Schlachter, Florian & Jebens, Kristof & Szymanski, Marc & Liedke, Jens & Davide, Laneri & Winkler, Lutz & Schmickl, Thomas & Thenius, Ronald & Corradi, Paolo & Ricotti, Leonardo. (2008). Symbiotic robot organisms: Replicator and Symbrion projects. Pages 62-69. In: Conference: Proceedings of the 8th Workshop on Performance Metrics for Intelligent Systems. 10.1145/1774674.1774685.
- [3] Anna M. Schmidt and Judith Korb: The biological significance of Magnetic Termite mounds. Biologie I, University of Regensburg, Universitätstrasse 31, Regensburg. Vortrag auf: International Union forthe Study of Social Insects, 1 August 2006
- [4] Ant Colony Optimization by Marco Dorigo and Thomas Stützle, MIT Press, 2004. ISBN 0-262-04219-3
- [5] Carl Anderson und Francis L. W. Ratnieks: Worker allocation in insect societies:coordination of nectar foragers and nectar receivers in honey bee ( Apis mellifera ) colonies. In: BehavioralEcology and Sociobiology. Volume 46, Number 2 (1999), 73-81.
- [6] Saska, M.; Vakula, J.; Preucil, L. Swarms of Micro Aerial Vehicles Stabilized Under a Visual Relative Localization. In ICRA2014: Proceedings of 2014 IEEE International Conference on Robotics and Automation. 2014.
- [7] Olaf Stapledon: Last and First Men (1930). Deutsch: Die letzten und die ersten Menschen. Heyne (Bibliothek der Science Fiction Literatur), 1983, ISBN 3-453-30960-X.
- [8] Stanislaw Lem: Der Unbesiegbare. Verlag Volk und Welt, Berlin (DDR) 1967, L. N. 302, 410/33/67
- [9] Caryl P. Haskins: Of Ants and Men. Prentice Hall, 1939. Siehe unter Of Ants and Men (Caryl P. Haskins) ↗