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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Überlichtgeschwindigkeit

Physik

Basiswissen


Nach dem gegenwärtigen Stand der Physik kann eine Ursache ihre Wirkung nicht schneller als mit der Geschwindigkeit c des Lichts im Vakuum folgen lassen.[1] Das betrifft sowohl die Bewegung von Materie[2] als auch die von Kräften[3] oder Information. Der entscheidende Begriff ist Kausalität.

Eine nur scheinbar logische Annahme


Es gibt keinen logischen Grund anzunehmen, dass die Geschwindigkeit von Objekten in unserem Kosmos irgendwie nach oben beschränkt sein sollte. Wenn ein hypothetisches Raumschiff mit 100 tausend km/h von uns wegfliegt, und wenn dieses Raumschiff dann in Flugrichtung ein Geschoss mit einer Geschwindigkeit von 250 tausend km/h relativ zu sich abschießt, dann erscheint es zunächst logisch, dass sich das Geschoss mit einer Geschwindigkeit von 350 tausend km/h von uns entfernt. Diese intuitive Denkweise wird mathematisch ausgedrückt über die sogenannte Galilei-Transformation[3].

Für niedrige Geschwindigkeiten ist die Annahme der Galilei-Transformation der klassischen Physik für praktische Zwecke meist ausreichend genau. Es gibt aber eine Abweichung zwischen Theorie und Beobachtung, die umso stärker in Erscheinung tritt, je größer die betrachteten Geschwindigkeiten sind. Tatsächlich ist es so: wenn ein Himmelskörper mit zum Beispiel 10 Prozent der Lichtgeschwindigkeit, auf uns zu flöge, dann pflanzt sich auch das von ihm ausgehende Lichtsignal nur mit genau der Geschwindigkeit relativ zu uns fort, die Licht im Vakuum hätte, niemals ist es mehr. Nach der Galilei-Transformation müsste das Signal aber mit 110 % der Lichtgeschwindigkeit auf uns zu kommen. Das kann man verallgemeinern: ganz egal wie schnell und in welche Richtung sich eine Lichtquelle im Bezug zu uns bewegt, das von ihr ausgehende Licht gelangt von dort zu uns mit immer genau derselben Geschwindigkeit.[5] Dividiert man die anfänglich Entfernung von Signalquelle zum Beobachter durch die Laufzeit des Signals, so wird jeder denkbare Beobachter im Weltraum als Ergebnis immer nur die Lichtgeschwindigkeit c im Weltraum erhalten. Niemals mehr. Das ist nach dem klassischen Verständnis von Raum und Zeit völlig unverständlich. Frühe experimentelle Hinweis darauf lieferte gegen Ende des 19ten Jahrhunderts das sogenannte Michelson-Morley-Experiment ↗

Scheinbare Phänomene mit Überlichtgeschwindigkeit


Es gibt eine große Anzahl von Phänomenen, die sich scheinbar schneller als mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit c im Raum bewegen. Doch bei keinem dieser Phänomene konnte bisher allgemein anerkannt eine Überlichtgeschwindigkeit im engeren Sinn festgestellt werden.

Tachyonen


Sterne die mit Überlichtgeschwindigkeit von uns fliehen oder subatomare Teilchen schneller als c: als Tachyon bezeichnet man ein materielles Teilchen mit Ruhemasse, das sich relativ zu einem Beobachter schneller bewegt als das Licht es im Vakuum täte. Solche Teilchen gelten heute als rein hypothetisch, doch wird immer wieder über sie spekuliert.[6] Wo solche Phänomene als Ergebnisse von Versuchen oder Beobachtungen beschrieben wurden, stellten sie sich meist oder immer als eine (nicht direkt offensichtliche) Täuschung oder eine fehlerhafte Deutung heraus. Siehe mehr unter Tachyon ↗

Tscherenkow-Strahlung


Licht, das sich in einem materierfüllten Raum ausbreitet, ist deutlich langsamer als Licht im Vakuum. Bei Glas etwa kann die Geschwindigkeit des Lichts von 300 tausend km/h heruntergehen auf bis um die 200 tausend km/h.[8] Auch diese Geschwindigkeit könnte man mit Recht als Lichtgeschwindigkeit bezeichnen. Nun gibt es aber Strahlungsarten, die in einem Medium schneller sind als Licht, dort also Überlichtgeschwindigkeit haben. Das aber ist mit Überlichtgeschwindigkeit im engeren Sinn nicht gemeint. Gemeint ist immer nur eine Geschwindigkeit größer als die Vakuumlichtgeschwindigkeit. Damit gilt die Tscherenkow-Strahlung nicht als Beleg für Überlichtgeschwindigkeit im engeren Sinn. Siehe mehr unter Tscherenkow-Strahlung ↗

Expansion des Universums


Kosmologische Modelle legen es nahe, dass sich unser Universum während der sogenannten Inflation schneller ausdehnte als mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit. Auch für die Zukunft sagen manche Modelle eine solche Ausdehnung voraus.[12] Hier wird argumentiert, dass es aber nicht die Materie oder irgendwelche Wirkung im Raum sind, die sich mit Überlichtgeschwindigkeit fortpflanzen. Auch die Expansion des Universums gilt damit nicht als Beleg für einen realen Vorgang mit Überlichtgeschwindigkeit im engeren Sinn. Siehe auch Big Bloat ↗

Der Mondlaser-Pointer


In einem Gedankenexperiment kann man einen schmal Strahl aus Laserlicht auf die Oberfläche des Mondes richten. Schwenkt man dann den gedanklichen Laserpointer auf der Erde in Handgelenk mit durchaus gemütlicher Geschwindigkeit etwas hin und her, so ist es leicht vorstellbar, dass der hypothetische Lichtfleck mit mehr als 300 tausend Kilometern pro Sekunde über die Mondoberfläche huscht.[9] Wer diesen Lichtfleck beobachtet und seine Geschwindigkeit misst, käme also auf Überlichtgeschwindigkeit. Der Effekt träte auch tatsächlich so auf. Warum man dennoch nicht von Überlichtgeschwindigkeit sprechen kann, liegt daran, dass es nicht um die Geschwindigkeit der scheinbaren Phänomene geht, sondern um die von kausalen Wirkungen im Raum.

Kausalität als Kern des Phänomens


Beim oben erklärten Mondlaser-Paradoxon huscht ein Lichtfleck mit mehr als Lichtgeschwindigkeit über die Mondoberfläche. Dass man hier aber dennoch nicht von einer Überlichtgeschwindigkeit im engeren Sinn sprechen kann wird klar, wenn man die Sache nach Ursachen und Wirkungen untersucht.

Es ist nicht so, dass ein Lichtfleck auf dem Mond die Ursache des zeitlich darauffolgenden (oder irgendeines anderen) Lichtflecks ist. Die Ursache eines jeden einzelnen Lichtflecke ist einzig der Laserpointer als Lichtquelle auf der Erde. Und es genügt für den Effekt ganz, dass sich das Licht von der Erde zum Mond mit irgendeiner beliebigen konstanten Geschwindigkeit ausbreitet (wenn man von Bewegungen des Mondes relativ zu Erde einmal absieht). Der springende Punkt ist, dass es hier nirgends eine Ursache gibt, deren Wirkung sich schneller als mit Vakuumlichtgeschwindigkeit ausbreitet. Man kann einen ganz ähnlichen Effekt mit etwas Übung sogar mit Luftblasen in der Sprunggrube eines Schwimmbeckens nachstellen.[10]

Was man hier erkennen muss ist, dass die Laserflecken auf dem Mond zwar zeitlich und räumlich eng aufeinanderfolgen, aber in keiner kausalen Beziehung stehen. Es handelt sich um eine statistische Korrelation[11], aber nicht um eine Ursache-Wirkungs-Beziehung. Siehe mehr dazu unter Kausalität ↗

Wozu ist die Geschwindigkeit im Kosmos begrenzt?


Die Naturwissenschaften haben sich spätestens seit dem 15ten und 16ten Jahrhundert zunehmend darauf beschränkt, die Phänoneme der Natur, der physikalischen Welt, zu beschreiben. Wovon sich die Naturwissenschaften heute bewusst fern halten sind Spekulationen zum Zweck. Die Formeln der Relativitätstheorie Einsteins beschreiben sehr genau, wie Lichtphänome in Raum und Zeit auftreten. Aber weder die Formeln noch die in Worten gefassten Theorie geben eine Antwort darauf, warum oder besser wozu[13] die Vakuumlichtgeschwindigkeit im Universum begrenzt sein sollte.

Eine Antwort, wozu die Geschwindigkeit einer Ausbreitung von Wirkungen im Universum begrenzt sein könnte, kann im Rahmen der Idee gegeben werden, dass das Universum eine Art Computersimulation ist[13], zumindest aber so etwas wie Rechenleistung benötigt, um abzulaufen[14]. Träfe diese Annahme zu, so entspräche die Begrenzung der Geschwindigkeit einer Fortpflanzung vielleicht einer Schonung der benötigten Rechenleistung. Je schneller etwa jede Explosion irgendwo im Universum ihre Wirkungen räumlich ausbreiten könnte, desto schneller entstehen auch quantenphysikalische Superpositionen, die sehr rechenintensiv sind. Je langsamer sich Signale aber ausbreiten können, desto weniger schnell muss auch ein hypothetischer Rechner sein, die Folgen davon zu berechnen. Siehe mehr dazu unter Simulationshypothese ↗

Fußnoten