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Das Banner der Rhetos-Website: zwei griechische Denker betrachten ein physikalisches Universum um sie herum.

Startlauf

Bewegungsgleichungen

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Basiswissen


Der Startlauf ist der (normalerweise) gerade Anlauf auf der Startbahn um die nötige Abhebegeschwindigkeit zu erreichen. Die dazu nötige Entfernung kann von wenigen Metern (Fieseler Storch) bis zu mehreren Kilometern (vollbeladener Jumbo Jet) liegen.



Bildbeschreibung und Urheberrecht
Kurz vor Beginn des Startlauf: ein zweimotoriges Flugzeug unmittelbar vor dem Start auf dem Flugplatz Lukla in Nepal. Der Startlauf ist die Strecke vom Anfang der Beschleunigung bis zum Abheben. © Dr. Rüdiger Wenzel, Parchim ☛


Startlauf einer zweimotorigen Propeller-Maschine


Die Britten-Norman BN-2 Islander ist ein zweimotoriges Propellerflügel. Die Islander wird unter anderem als Passagierflugzeug von der ostfriesischen Nordseeküste hin zu den Urlaubsinseln eingesetzt. Die reine Flugzeugt liegt dabei oft nur um die fünf Minuten (Wangerooge).



Drei Startläufe von hinten, der Seite und von vorne aus gefilmt, mit Daten für eine physikalische Auswertung. Die Startstrecke lag bei etwa 400 Metern. Das Video entstand am 31. Juli 2024.[5]



Drei Startläufe von der Seite aus gefilmt. Die Startstrecke lag jetzt bei etwa 300 Metern. Das Video entstand am 1. August 2024.[6]

Bei der Beobachtung verschiedener Startläufe auf der Nordeeinsel Wangerooge[1] konnten dabei die folgenden Daten zumindest grob abgeschätzt[2] oder aus der Literatur entnommen werden:

  • Nach eigenen Messungen als Abhebegeschwindigkeit etwa 60 bis 70 Knoten[130 km/h]

Hier muss angemerkt werden, dass das Flugzeug aber bereits zu Beginn des geradlinigen Startlaufs auf der Startbahn eine recht beachtliche Anfangsgeschwindigkeit hatte. Die Flugzeug schwenkten direkt über einen 90 Grad-Winkel auf die Startbahn ein und beschleunigten dann sofort. Die Anfangsgeschwindigkeit lag bei vielleicht schon 13 m/s, rund 50 km/h oder etwa 27 Knoten.

Auswertung über ein Weg-Zeit-Diagramm


Zur physikalischen Auswertung der Daten ist es sinnvoll, zunächst ein Weg-Zeit-Diagramm von einem Startlauf anzufertigen. Hier werden die Daten des ersten Startlaufs aus dem Video vom 31. Juli 2024 genommen. Das Flugzeug hatte zu Beginn der geradlinigen Startstrecke auf der Startbahn bereits eine Geschwindigkeit von mindestens 7 m/s. Die folgenden Daten ordnen dann jeder Zeit seit Beginn des geradlinigen Startlaufs die zurückgelegte Strecke ab dem Anfang des ersten weißen Mittelstreifens auf der Startstrecke zu. Ab dort begann das Flugzeug nach dem Taxiing auch sichtbar ab seiner Mindestgeschwindigkeit von 7 m/s zu beschleunigen:

  • 00,00 Sekunden: 000 Meter [Beginn geradliniger Startlauf]
  • 04,68 Sekunden: 030 Meter
  • 04,68 Sekunden: 050 Meter
  • 06,24 Sekunden: 080 Meter
  • 07,16 Sekunden: 100 Meter
  • 08,40 Sekunden: 130 Meter
  • 09,16 Sekunden: 150 Meter
  • 10,19 Sekunden: 180 Meter
  • 10,92 Sekunden: 200 Meter
  • 11,84 Sekunden: 230 Meter
  • 12,44 Sekunden: 250 Meter
  • 13,44 Sekunden: 280 Meter
  • 14,16 Sekunden: 305 Meter [take-off]

Erstellt man aus diesen Daten zunächst einen Graphen mit der Zeit auf der x-Achse und der zurückgelegten Strecke auf der y-Achse, kann man a) für einzelne Streckenabschnitte die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnen, oder b) den Vorgang mit einer einzelnen Funktion zu modellieren Versuchen. Die erste Ableitung dieser Funktion nach der Zeit gibt dann die Geschwindigkeit, die zweite Ableitung die Beschleunigung. Siehe auch Weg-Zeit-Diagramm ↗

Weitere Beziehungen kann man über die als konstant über den Startvorgang angenommene maximale Motorleistung von 195 Kilowatt für jeden der zwei Motoren herstellen. Die Leistung mal der Zeit ergibt die verrichtet (Beschleunigungs)Arbeit für diesen Zeitraum. Die Leermasse der Britten-Norman BN-2 Islander wird mit 1627 Kilogramm, ihre maximale Startmasse mit 2993 kg angeben. Weitere formelmäßige Beziehungen sind dann: F=m·a und Arbeit = F·s mit F als Kraft und s als Weg. Siehe auch geradlinig beschleunigte Bewegung ↗

Beschleunigung mit konstanter Leistung: hin zur Singularität


Die folgende Betrachtung führt letztendlich zu einem Widerspruch, mathematisch einer Singularität. Interessant ist dabei nur die Frage, an welcher Stelle und woran genau man merkt, dass etwas nicht stimmen kann.

Die Annahme einer konstanten Leistung


Propellerflugzeuge beschleunigen oft aus dem Stillstand heraus bei voller Motorleistung. Das Flugzeug steht am Anfang der Startbahn, die Motoren laufen auf voller Leistung und der Pilot steht mit den Füßen voll auf den Bremsen. Dann lässt der Pilot die Bremsen los und das Flugzeug beginnt mit der Beschleunigung.

Bei der Betrachtung hier werden alle Luft-, Roll- oder sonstigen Widerstände vernachlässigt. Als Kräfte sollen nur die beschleunigende Zugkraft und die Trägheitskraft des Flugzeuges selbst betrachtet werden. Um der Einfachheit Willen soll die Beschleunigung ohne Anfangsgeschwindigkeit gedacht werden: das Flugzeug beschleunigt mit maximaler Motorleistung aus dem Stand heraus.

Als Beispiel soll das Flugzeug Britten-Norman BN-2 Islander dienen. Als Startmasse seien für eine einfache Rechnung 2000 Kilogramm angenommen und als Leistung insgesamt 400 Kilowatt. Beide Werte sind realistisch.[7]

Die Geschwindigkeit bei konstanter Leistung


Um zu sehen, wie sich die Geschwindigkeit, die zurückgelegten Strecken und die Beschleunigungskraft mit der Zeit verhalten, wird zunächst genutzt, dass das Produkt aus Leistung und Zeit die in der Zeit verrichtet Arbeit ergibt. Diese Arbeit ist dann als kinetische Bewegungsenergie in dem Flugzeug enthalten:

  • P·t = ½mv²

Nimmt man t als die Zeit seit dem Beginn der Beschleunigung aus dem Stand, dann kann man die Formeln umstellen nach v und erhält:

  • v = √(2·P·t:m)

Setzt man für die konstante Leistung rund 400 Kilowatt oder 400000 Watt ein und für die Masse des Flugzeuges 2000 kg, so kann man vereinfachen und runden zu:

  • v = 20·√t

Setzt man für t zum Beispiel 4 Sekunden ein, erhält man eine Geschwindigkeit von 40 m/s. Setzt man für t 16 Sekunden ein, so erhält man schon 80 m/s an Geschwindigkeit. Beide Werte sind gemessen an der Wirklichkeit deutlich zu hoch. Das Flugzeug hob tatsächlich nach etwa 14 bis 18 Sekunden mit etwa 30 m/s ab. Aber die Größenordnung passt. Wesentlich ist, dass die Gescwindigkeit langsamer als proportional mit der Zeit wächst. Nach der doppelten Zeit hat man nur in etwa die 1,4fache Geschwindigkeit. Und nach der vierfachen Zeit nur die doppelte Geschwindigkeit.

Die Kraft bei konstanter Leistung


Bei einer konstanten Leistung wird in gleichen Zeiträumen immer auch dieselbe Arbeit verrichtet. Das leuchtet ein, wenn man sich klar macht, dass eine Leistung angiebt, wie viel Arbeit pro Zeiteinheit verrichtet wird. Eine Leistung von 400 Kilowatt heißt: in jeder Sekunde werden 400000 Newtonmeter Arbeit verrichtet. Multipliziert man dasmit der Anzahl der Sekunden, hat man die verrichtete Arbeit. Nun gilt aber auch, dass Arbeit gleich dem Produkt aus Kraft mal Strecke ist: W=Fs. Wir können für beliebige Zeiträume immer jede der drei Formeln verwenden:


Wenn wir nun zum Beispiel 2 Sekunden Beschleunigung betrachten, so erhalten wir bei einer Leistung von 400 Kilowatt immer eine Arbeit von 800 tausend Newtonmetern.

Wenn das Flugzeug aber gerade erst mit der Beschleunigung begonnen hat, dann legt es in zwei Sekunden sehr viel weniger Strecke zurück als zu einem späteren Zeitraum, etwa die letzten zwei Sekunden vor dem Abheben. Für gleiche Zeitdauern bleibt zwar die verrichtete Arbeit der Motoren gleich, aber die dabei zurückgelegt Strecke wächst, weil das Flugzeug ja schneller wird. Wenn aber die Strecke wächst, dann muss, um auf dieselbe Arbeit zu kommen die dabei wirkende Kraft geringer werden (W=Fs). Damit kann man folgern: bei einer Beschleunigung mit konstanter Leistung muss die beschleunigende Kraft ständig kleiner werden. Damit wird aber auch die Beschleunigung nach dem Gesetz F=ma ständig geringer. Eine Beschleunigung mit konstanter Leistung ist damit eine Beschleunigung mit abnehmendem Betrag der Beschleunigung.

Fußnoten


  • [1] Die Start- und Landebahn (dieselbe Bahn) verläuft genau in West-Ost Richtung. Am hier geschilderten Tag starten die Flugzeuge genau in Richtung Osten, das heißt mit Richtung 270 Grad. Der Wind blies eher schwach aus Norden (Abschätzung über einen Windsack nahe der Startbahn.
  • [2] Parallel zur Startstrecke auf dem Flugplatz Wangerooge verläuft recht nahe ein gut 4 Meter hoher Deich. Von dort aus wurden die Startvorgänge beobachtet und gefilmt.
  • [3] Die Startstrecke wurde auf drei Weisen abgeschätzt: a) ablaufen und Schritte-zählen der Startstrecke auf dem Deich, b) Entfernungsmessung über Satellitenbilder und c) Nutzung der weißen Mittelstreifen (30 m) und ihrer Zwischenräume (20 m) als Maßstab. Mit allen drei Methoden kam ich auf eine Rollstrecke beim Start von rund 400 Metern mit einigen wenigen Zehnermetetern Unsicherheit.
  • [4] Die Zeitdauer wurde über eine spätere Auswertung von Filmaufnahmen mit einer Stoppuhr (timer) in einem Bildbearbeitungsprogramm abgeschätzt. Je nach Sichtwinkel und Entfernung zum Photographen war es aber recht schwer die momentane Position des Flugzeuges abzuschätzen. Als Maßpunkt wurde das Bugrad gewählt.