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Startlauf

Bewegungsgleichungen

Basiswissen


Der Startlauf ist der (normalerweise) gerade Anlauf auf der Startbahn um die nötige Abhebegeschwindigkeit zu erreichen. Die dazu nötige Entfernung kann von wenigen Metern (Fieseler Storch) bis zu mehreren Kilometern (vollbeladener Jumbo Jet) liegen.

Startlauf einer zweimotorigen Propeller-Maschine


Die Britten-Norman BN-2 Islander ist ein zweimotoriges Propellerflügel. Die Islander wird unter anderem als Passagierflugzeug von der ostfriesischen Nordseeküste hin zu den Urlaubsinseln eingesetzt. Die reine Flugzeugt liegt dabei oft nur um die fünf Minuten (Wangerooge).



Drei Startläufe von hinten, der Seite und von vorne aus gefilmt, mit Daten für eine physikalische Auswertung. Die Startstrecke lag bei etwa 400 Metern.[5]



Drei Startläufe von der Seite aus gefilmt. Die Startstrecke lag jetzt bei etwa 300 Metern.[6]

Bei der Beobachtung verschiedener Startläufe auf der Nordeeinsel Wangerooge[1] konnten dabei die folgenden Daten zumindest grob abgeschätzt[2] oder aus der Literatur entnommen werden:


Hier muss angemerkt werden, dass das Flugzeug aber bereits zu Beginn des geradlinigen Startlaufs auf der Startbahn eine recht beachtliche Anfangsgeschwindigkeit hatte. Die Flugzeug schwenkten direkt über einen 90 Grad-Winkel auf die Startbahn ein und beschleunigten dann sofort. Die Anfangsgeschwindigkeit lag bei vielleicht schon 13 m/s, rund 50 km/h oder etwa 27 Knoten.

Auswertung über ein Weg-Zeit-Diagramm


Zur physikalischen Auswertung der Daten ist es sinnvoll, zunächst ein Weg-Zeit-Diagramm von einem Startlauf anzufertigen. Hier werden die Daten des ersten Startlaufs aus dem Video vom 31. Juli 2024 genommen. Das Flugzeug hatte zu Beginn der geradlinigen Startstrecke auf der Startbahn bereits eine Geschwindigkeit von mindestens 7 m/s. Die folgenden Daten ordnen dann jeder Zeit seit Beginn des geradlinigen Startlaufs die zurückgelegte Strecke ab dem Anfang des ersten weißen Mittelstreifens auf der Startstrecke zu. Ab dort begann das Flugzeug nach dem Taxiing auch sichtbar ab seiner Mindestgeschwindigkeit von 7 m/s zu beschleunigen:


Erstellt man aus diesen Daten zunächst einen Graphen mit der Zeit auf der x-Achse und der zurückgelegten Strecke auf der y-Achse, kann man a) für einzelne Streckenabschnitte die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnen, oder b) den Vorgang mit einer einzelnen Funktion zu modellieren Versuchen. Die erste Ableitung dieser Funktion nach der Zeit gibt dann die Geschwindigkeit, die zweite Ableitung die Beschleunigung. Siehe auch Weg-Zeit-Diagramm ↗

Weitere Beziehungen kann man über die als konstant über den Startvorgang angenommene maximale Motorleistung von 195 Kilowatt für jeden der zwei Motoren herstellen. Die Leistung mal der Zeit ergibt die verrichtet (Beschleunigungs)Arbeit für diesen Zeitraum. Die Leermasse der Britten-Norman BN-2 Islander wird mit 1627 Kilogramm, ihre maximale Startmasse mit 2993 kg angeben. Weitere formelmäßige Beziehungen sind dann: F=m·a und Arbeit = F·s mit F als Kraft und s als Weg. Siehe auch geradlinig beschleunigte Bewegung ↗

Der Startlauf als Beschleunigung mit konstanter Leistung


Bei der folgenden Betrachtung werden alle Luft-, Roll- oder sonstigen Widerstände vernachlässig. Als Kräfte sollen nur die beschleunigende Zugkraft und die Trägheitskraft des Flugzeuges selbst betrachtet werden. Um der Einfachheit Willen soll die Beschleunigung ohne Anfangsgeschwindigkeit gedacht werden.

Als Beispiel soll das Flugzeug Britten-Norman BN-2 Islander dienen. Als Startmasse seien für eine einfache Rechnung 2000 Kilogramm angenommen und als Leistung insgesamt 400 Kilowatt. Beide Werte sind realistisch.[7]

Die Geschwindigkeit bei konstanter Leistung


Um zu sehen, wie sich die Geschwindigkeit, die zurückgelegten Strecken und die Beschleunigungskraft mit der Zeit verhalten, wird zunächst genutzt, dass das Produkt aus Leistung und Zeit die in der Zeit verrichtet Arbeit ergibt. Diese Arbeit ist dann als kinetische Bewegungsenergie in dem Flugzeug enthalten:


Nimmt man t als die Zeit seit dem Beginn der Beschleunigung aus dem Stand, dann kann man die Formeln umstellen nach v und erhält:


Setzt man für die konstante Leistung rund 400 Kilowatt oder 400000 Watt ein und für die Masse des Flugzeuges 2000 kg, so kann man vereinfachen und runden zu:


Setzt man für t zum Beispiel 4 Sekunden ein, erhält man eine Geschwindigkeit von 40 m/s. Setzt man für t 16 Sekunden ein, so erhält man schon 80 m/s an Geschwindigkeit. Beide Werte sind gemessen an der Wirklichkeit deutlich zu hoch. Das Flugzeug hob tatsächlich nach etwa 14 bis 18 Sekunden mit etwa 30 m/s ab. Aber die Größenordnung passt. Wesentlich ist, dass die Gescwindigkeit langsamer als proportional mit der Zeit wächst. Nach der doppelten Zeit hat man nur in etwa die 1,4fache Geschwindigkeit. Und nach der vierfachen Zeit nur die doppelte Geschwindigkeit.

Die Kraft bei konstanter Leistung


Bei einer konstanten Leistung wird in gleichen Zeiträumen immer auch dieselbe Arbeit verrichtet. Das leuchtet ein, wenn man sich klar macht, dass eine Leistung angiebt, wie viel Arbeit pro Zeiteinheit verrichtet wird. Eine Leistung von 400 Kilowatt heißt: in jeder Sekunde werden 400000 Newtonmeter Arbeit verrichtet. Multipliziert man dasmit der Anzahl der Sekunden, hat man die verrichtete Arbeit. Nun gilt aber auch, dass Arbeit gleich dem Produkt aus Kraft mal Strecke ist: W=Fs. Wir können für beliebige Zeiträume immer jede der drei Formeln verwenden:


Wenn wir nun zum Beispiel 2 Sekunden Beschleunigung betrachten, so erhalten wir bei einer Leistung von 400 Kilowatt immer eine Arbeit von 800 tausend Newtonmetern.

Wenn das Flugzeug aber gerade erst mit der Beschleunigung begonnen hat, dann legt es in zwei Sekunden sehr viel weniger Strecke zurück als zu einem späteren Zeitraum, etwa die letzten zwei Sekunden vor dem Abheben. Für gleiche Zeitdauern bleibt zwar die verrichtete Arbeit der Motoren gleich, aber die dabei zurückgelegt Strecke wächst, weil das Flugzeug ja schneller wird. Wenn aber die Strecke wächst, dann muss, um auf dieselbe Arbeit zu kommen die dabei wirkende Kraft geringer werden (W=Fs). Damit kann man folgern: bei einer Beschleunigung mit konstanter Leistung muss die beschleunigende Kraft ständig kleiner werden. Damit wird aber auch die Beschleunigung nach dem Gesetz F=ma ständig geringer. Eine Beschleunigung mit konstanter Leistung ist damit eine Beschleunigung mit abnehmendem Betrag der Beschleunigung.

Fußnoten