Ismus
Weltanschauung
Definition
Welterklärendes Gedankengebäude mit Dominanzanspruch: ein auf „ismus“ endendes Wort bezeichnet oft ein Denkgebäude, das für die wesentlichen Aspekte der Welterklärung die Letztentscheidung beansprucht.
Charakterisierung
Thomismus, Marxismus, Darwinismus, Liberalismus oder Empirismus: mit der Endung Ismus schreibt man einem Gedankengebäude eine starke bis überragende Bedeutung zu. Die zentralen Ideen werden als vorrangige Leitlinien für unser Handeln und unsere Einstellungen empfohlen. Wer sich selbst als Anhänger eines Imsmus bezeichnet deutet damit gleichzeitig eine geringe Neigung zum Verhandeln grundlegender Positionen an. Im Gegenteil: eher wird eine gewisse Streitbarkeit zur Verteidigung des Ismus verkündet.
Differenzierung
Die Endung Ismus lässt offen, wie gut oder auf welche Weise ein Gedankengebäude begründet ist. Darwinisten werden auf überzeugende empirische Befunde verweisen (Soziobiologie), Thomisten auf die überzeugende Übereinstimmung der Bibel mit der Vernunft und Anhänger eines Wirtschaftsliberalismus auf die überzeugenden Erfolge freier Marktwirtschaften. In sich logisch konsistente Gedankengebäude an sich kann man auch als Ideologien bezeichen. Sind diese Gedankengebäude an der Praxis überprüfbar, bietet sich zum Teil auch der Begriff Theorie an. Möchte man betonen, dass es sich eher um eine persönliche Einstellung und weniger um eine sozial verankerte Weltsicht handelt, kann auch der Begriff Weltanschauung verwendet werden.
Abgrenzung zu logie
Pluralismus, Feminismus, Individualismus: zwar erheben Ismen oft den Anspruch letztverbindlicher Gültigkeit, sie fußen aber nicht zwingend auf wissenschaftlich streng ausgearbeiten Gedankengebäuden sondern auf Wertsetzungen. Ein Ismus steht damit in gedanklicher Nähe zu einer Weltanschauung. Geht es aber um eine Methode möglichst objektiver und moralisch wertfreier Wissensvermehrung, verwendet man oft die Endung (Geologie, Biologie). Lies mehr dazu unter logie ↗
Fußnoten
- [1] Olaf Stapledon: Beyond the Isms. Searchlight Books, No. 16. Pp. 128. London: Secker and Warburg, Ltd., 1942. London.
- [2] Vor fertigen Antworten wird gewarnt in: Vom Sinn und Nutzen der Wissenschaft. In: Richard P. Feynman: Kümmert Sie, was andere Leute denken?. Neue Abenteuer eines neugierigen Physikers. Piper Verlag. München. 1991. ISBN: 3-492-03371-7. Dort schreibt der Nobelpreisträger der Physik auf Seite 241: „Die Menschheit steckt in ihren allerersten Anfängen, darum ist es ganz natürlich, daß wir uns mit Problemen herumschlagen müssen. Doch wir haben Zehntausende von Jahren vor uns. Unser Möglichstes zu tun, in Erfahrung zu bringen, soviel wir können, die Lösungen zu verbessern, und dann weiterzugeben, das ist unsere Pflicht. Und es ist unsere Pflicht, den Menschen der Zukunft freie Hand zu lassen. In der stürmischen Jugend der Menschheit können wir schwerwiegende Fehler begehen, die unser Wachstum auf lange Zeit hinaus hemmen können. Ein solcher Fehler wäre die Behauptung, wir hätten trotz all unserer Jugend und Unwissenheit die Antworten schon parat. Unterdrücken wir jegliche Diskussion, jegliche Kritik und behaupten: "Das ist die Antwort, Feunde; der Mensch ist gerettet!", verdammen wir die Menschheit, eingezwängt in den Kerker unserer heutigen Vorstellungskraft, auf lange Zeit zu den Ketten der Autorität.“
- [3] Worte auf -Ismus kritisch hinterfragt: "Die Endung -ismus und die entsprechende Endung -ist drückt so etwas wie eine philosophische Lehrmeinung aus und die Anhängerschaft zu einer Lehrmeinung. Angehängt werden die Zeichen oft an Namen (Marxismus, Marxist), aber auch gelegentlich in neuerer Zeit an alle möglichen Wortarten. Selbst aus nihil ist Nihilismus und Nihilist geworden. Kein Wunder, wenn die Ismen ganz besonders zu den leeren Wortschällen gehören, die Leibniz einmal notiones deceptrices (betrügliche Begriffe übersetzt Kant) genannt hat." Im Artikel "Optimismus", in: "Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 1923, Band 2, S. 460-508." Online: http://www.zeno.org/nid/20006181279