Rhetos
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Deutschordensstaat


Geschichte


Basiswissen


Der Deutsche Orden war ein katholischer Orden, gegründet während der Zeit der Kreuzfahrerstaaten in Jerusalem im Jahr 1199. Der Orden erlangte im 14ten Jahrhunder als Deutschordensstaat beträchtliche politische Macht im Gebiet des heutigen Polen und Litauen. Während seiner machtpolitischen Blütezeite zeichnete er sich durch eine moderne, leistungsorientierte Struktur aus. Das ist hier kurz vorgestellt.

Die Entstehung des Deutschordensstaates


Mit dem Verlust der westeuropäischen Besitzungen im Nahen Osten am Ende der Kreuzfahrerzeit hatte auch der Deutsche Orden zunächst seine Bestimmung verloren. Eine solche fand sich aber in neuen Kreuzzügen in Europa: der Orden erhielt die Genehmigung, das Land der Pruzzen an der Ostsee zu "Christianisieren" und für sich in Anspruch zu nehmen. Nach einem grausamen Eroberungskrieg richtete der Orden dann in dem neu gewonnen Gebiet den Deutschordensstaat ein. Der Staat lag auf dem Gebiet der heutigen Länder Polen, Russland, Litauen, Lettland und Estland. Seine Blütezeit war das 14te und das frühe 15te Jahrhundert. Der Niedergang als politische Großmacht setzte mit der verlorenen Schlacht von Tannenberg (gegen Polen, Litauen) im Jahr 1410 ein.

Eine Verfassung, die Leistung fördert


Was den Deutschordensstaat geschichtlich so interessant macht ist vor allem seine innere Struktur, seine Staatsform und seine Auffassung von Gesellschaft. Zunächst gab es im Ordensstaat keine kastenartigen Grenzen für die soziale Mobilität wie etwa in Indien oder den Apartheidsstaaten im ehemaligen Rhodesien, Südafrika und den früheren USA. Den unterworfenen Pruzzen sowie den zugewanderte Deutschen standen alle Ämter und Berufe gleichermaßen offen. Das vergrößerte die Anzahl von Personen, aus denen die geeignetesten ausgewählt werden konnten. Es baute sich eine "gemeinsame Identität" auf[1, Seite 181]. Die höchste Führungsperson war der sogenannte Hochmeister, der gewählt und anderen anderen Staatsorganen auch wieder abgesetzt werden konnte. Das war zur damaligen Zeit eher ungewöhnlich, wo Könige und Kaiser auf Lebenszeit herrschten und meist dynastisch-familiär bestimmt waren. Auch die Verwaltungsgebiete, die Komtureien, wurden von wählbaren und absetzbaren Vögten, Pflegern und Amtsleuten geleitet. Diese Führungsfiguren waren als Ordensangehörige familienlos und der Armut verpflichtet. Das wiederum, so der Gedanke, schützt sie gegen Vetternwirtschaft und Eigensucht. Im Idealfall fiel ihr Eigeninteresse mit dem Staatsinteresse eng zusammen. Auch schrieb die Ordensregel die häufige Versetzung von Amtsträgern vor. Dadurch wurden Korruption und der Ausbildung von örtlichen Eigeninteressen der Amtsträger entgegengewirkt. Die Mitglieder des Ordens rekrutierten sich auch nicht vorwiegend aus dem Gebiet des Ordensstaates sondern aus dem Gebiet des gesamten damaligen Deutschen Reiches. Söhne aus adligen Familien traten dem Orden in ihrer Heimatstadt bei, das konnte zum Beispiel Marburg in Hessen gewesen sein. Später wurden sie in den Ordensstaat entsandt, wo ihre Karriere in niedrigen Ämtern begann. Man kann hier einen ausgeprägten Selektionsprozess vermuten, der vor allem auch die Eignung der Personen abbildete.

Fußnoten