Äther
Physik
Basiswissen
Als Äther bezeichnete man einen hypothetischen Stoff, der das scheinbare Vakuum ausfüllen sollte. Dieser Äther sollte unter anderem die Anziehung der Planeten, die Ausdehnung der Welt oder magnetische oder elektrische Phänomene sowie die Ausbreitung von Licht erklären.[5] Bis ins 19te Jahrhundert blieb dann nur der sogenannte Lichtäther übrig.[9] Die Teilchen des Äthers waren analog zu Wasserteilchen die schwingenden[7] Oszillatoren der Wellen des Lichts. Der Äther wurde dabei nicht durch die Materie, etwa Atome, beeinflusst.[11] Die Idee eines Äthers wurde auch von Experten auf dem Gebieten der Relativitätstheorie noch aufrecht erhalten.[12] Mehr dazu unter Lichtäther ↗
Fußnoten
- [1] "1796, die Himmelsluft, plur. inus. diejenige Luft, oder dasjenige feine flüssige Wesen, welches den unendlichen Zwischenraum zwischen den Himmelskörpern ausfüllen soll; mit einem Griechischen Worte der Äther." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1179. Online: http://www.zeno.org/nid/20000232998
- [2] 1798,ein Lexikon aus dem Jahr 1798 kennt den Äther als einen Stoff der den Weltraum ausfüllt. Als Träger einer Lichtwelle wird er nicht genannt: "Der Ǟther, des -s, plur. car. von dem Griechischen αιθƞρ 1) Diejenige feine, flüssige und elastische Materie, mit welcher der ganze unermeßliche Raum des Himmels angefüllet seyn soll; die Himmelsluft. Ingleichen in weiterer Bedeutung, eine jede elastische und flüssige Substanz, welche subtiler als die Luft ist. Daher das Bey- und Nebenwort äthērisch, welches einige neuere Dichter für himmlisch, eingeführet haben." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 458. http://www.zeno.org/nid/20000032026
- [3] 1837, der Äther noch nicht als Trägersubstanz einer angenommenen Lichtwelle aufgefasst: "Äther bezeichnet eine reine und durchaus helle Flüssigkeit. Da über den Dunstkreisen der Himmelskörper ein völlig leerer Raum nicht füglich angenommen werden kann, so denkt man sich den Raum zwischen den Weltkörpern mit Äther angefüllt. Daß derselbe äußerst sein und rein sein müsse, geht daraus hervor, daß er dem Lichte einen ungehinderten Durchgang verstattet; ob aber aus ihm selbst festere Körper gebildet werden oder ob in ihm fremde Theile sich finden, aus denen dichtere und schwerere Massen sich bilden, hängt davon ab, ob die Körper, die man meist als Erzeugnisse jenes Raums betrachtet, z.B. die Feuerkugeln, Meteorsteine, Sternschnuppen u.s.w., wirklich im Äther entstehen, oder ob sie im Dunstkreise unsers Planeten ihren Ursprung nehmen, worüber die Ansichten noch immer getheilt sind." In: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 136. Online: http://www.zeno.org/nid/20000812153
- [4] 1871, George Biddell Airy: On the Supposed Alteration in the Amount of Astronomical Aberration of Light, Produced by the Passage of the Light through a Considerable Thickness of Refracting Medium. Proceedings of the Royal Society of London. 20 (130–138): 35–39. 1871. Bibcode:1871RSPS...20...35A. doi:10.1098/rspl.1871.0011.
- [5] 1878: In der Ausgabe der Encyclopedia Britannica von 1878 findet sich ein ausführlicher Artikel zum Äther, geschrieben von James Clerk Maxwell. Maxwell beschreibt dabei verschiedene Gründe, wie Denker zur Idee eines Äthers gekommen sind. Ein Grund war eine angenommene Abneigung der Natur gegen das Vakuum. Descartes argumentierte, so Maxwell, dass Masse immer eine Ausdehnung habe und dass Ausdehnung immer mit Masse zusammenhänge. So ist es folgerichtig, dass der Raum zwischen entfernten Objekten mit Masse ausgefüllt sein müsse, dem Äther. Andere Gründe für die Existenz eines Äthers war die Vorstellung, dass die Planeten in etwas "schwimmen" müssten, oder die Existenz von "elektrischen Atmosphären" und "magnetischen Ausflüssen", nämlich in dem Sinne dass Objekte Kenntnis voneinander mitteilen [ähnlich der modernen Idee von Austauschteilchen]. Newton soll einen Äther angenommen haben, um die Gravitationskraft zu erklären, nämlich als eine Folge unterschiedlicher Drücke dieses Äthers. Doch für all diese Formen von Äther sei es nicht gelungen, überzeugende Vorstellungen ihrer Funktionsweise in Übereinstimmung mit den beobachteten Phänomen zu finden. Lediglich Huygens Lichtäther habe überlebt, so Maxwell. Und diese Lichtäther (luminiferous ether) könne auch die elektromagnetischen Phänomene erklären. In: James Clerk Maxwell: "Ether", Encyclopædia Britannica Ninth Edition, 8: 568 - 572. 1878. Online: https://en.wikisource.org/wiki/Encyclopædia_Britannica,_Ninth_Edition/Ether_(2.)
- [6] 1899, Äther als Gewissheit: "Wenn nun auch heute von fast allen Physikern die reale Existenz des Aethers als eine positive Thatsache betrachtet wird, und wenn uns auch viele Wirkungen dieser wunderbaren Materie durch unzählige Erfahrungen, besonders optische und elektrische Versuche, genau bekannt sind, so ist es doch bisher nicht gelungen, Klarheit und Sicherheit über ihr eigentliches Wesen zu gewinnen." In: Ernst Haeckel: Die Welträthsel. 1899. Dort das Kapitel 12 "Das Substanz-Gesetz". Online: http://www.biolib.de/haeckel/weltraethsel/kapitel12.html
- [7] 1899, die Eigenschaften des Äthers: "I. Der Aether erfüllt als eine kontinuirliche Materie den ganzen Weltraum, soweit dieser nicht von der Masse (oder der ponderablen Materie) eingenommen ist; er füllt auch alle Zwischenräume zwischen den Atomen der letzteren vollständig aus. II. Der Aether besitzt wahrscheinlich noch keinen Chemismus und ist noch nicht aus Atomen zusammengesetzt wie die Masse; wenn man annimmt, derselbe sei aus äußerst kleinen, gleichartigen Atomen zusammengesetzt (z. B. untheilbaren Aetherkugeln von gleicher Größe), so muß man weiterhin auch annehmen, daß zwischen denselben noch etwas Anderes existirt, entweder der "leere Raum" oder ein drittes (ganz unbekanntes) Medium, ein völlig hypothetischer "Interäther"; bei der Frage nach dessen Wesen würde sich dann dieselbe Schwierigkeit, wie beim Aether erheben (in infinitum!). III. Da die Annahme des leeren Raumes und der unvermittelten Fernwirkung beim jetzigen Stande unseres Naturkennens kaum mehr möglich ist (wenigstens zu keiner klaren monistischen Vorstellung führt), so nehme ich eine eigenthümliche Struktur des Aethers an, die nicht atomistisch ist, wie diejenige der ponderablen Masse, und die man vorläufig (ohne weitere Bestimmung) als ätherische oder dynamische Struktur bezeichnen kann. IV. Der Aggregat-Zustand des Aethers ist, dieser Hypothese zufolge, ebenfalls eigentümlich und von demjenigen der Masse verschieden; er ist weder gasförmig wie einige, noch fest, wie andere Physiker annehmen; die beste Vorstellung gewinnt man vielleicht durch den Vergleich mit einer äußerst feinen elastischen und leichten Gallerte. V. Der Aether ist imponderable Materie in dem Sinne, daß wir kein Mittel besitzen, sein Gewicht experimentell zu bestimmen; wenn er wirklich Gewicht besitzt, was sehr wahrscheinlich ist, so ist dasselbe äußerst gering und für unsere feinsten Waagen unwägbar; einige Physiker haben versucht, aus der Energie der Lichtwellen das Gewicht des Aethers zu berechnen; sie haben gefunden, daß es etwa 15 Tiillionen mal geringer sei als das der atmosphärischen Luft; immerhin soll eine Aetherkugel vom Volumen unserer Erde mindestens 250 Pfund wiegen. (?) VI. Der ätherische Aggregat-Zustand kann wahrscheinlich (der Pyknose-Theorie entsprechend) unter bestimmten Bedingungen durch fortschreitende Verdichtung in den gasförmigen Zustand der Masse übergehen, ebenso wie dieser letztere durch Abkühlung in den flüssigen und weiterhin in den festen übergeht. VII. Diese Aggregat-Zustände der Materie ordnen sich demnach (was für die monistische Kosmogenie sehr wichtig ist) in eine genetische, kontinuirliche Reihe; wir unterscheiden fünf Stufen derselben: 1. der ätherische, 2. der gasförmige, 3. der flüssige, 4. der fest-flüssige (im lebenden Plasma), 5. der feste Zustand. VIII. Der Aether ist ebenso unendlich und unermeßlich wie der Raum, den er ausfüllt; er befindet sich ewig in ununterbrochender Bewegung; dieser eigenthümliche Aether-Motus (gleichviel, ob als Schwingung, Spannung, Verdichtung u. s. w. aufgefaßt), in Wechselwirkung mit den Massen-Bewegungen (Gravitation), ist die letzte Ursache aller Erscheinungen. (Thesen von 1899.)" In: Ernst Haeckel: Die Welträthsel. 1899. Dort das Kapitel 12 "Das Substanz-Gesetz". Online: http://www.biolib.de/haeckel/weltraethsel/kapitel12.html
- [8] 1919, Franz Serafin Exner: Vorlesungen über die physikalischen Grundlagen der Naturwissenschaften. Deuticke, Wien 1919, OBV. Speziell über den Äther: 37te Vorlesung sowie 63te Vorlesung. Siehe auch Grundlagen der Naturwissenschaften (Exner) ↗
- [9] 1904, Äther als Grundlage von Licht und ander Strahlung: Äther "(aithêr, aether): die schwerlose, widerstandslose, unwägbare, feinste Materie, die als Substrat der strahlenden Wärme, des Lichtes und der elektromagnetischen Energien gedacht wird, als ein alle Körper durchdringender, den Weltraum erfüllender Stoff, der sich in Elemente, Äther-Atome, gliedert." In: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 97-98. Online: http://www.zeno.org/nid/20001781510
- [10] Im Jahr 1923 schließlich ist ausdrücklich von Wellen die Rede: "im Gegensatze zu aêr der Atmosphäre; wohl auch poetisch den Himmelsglanz. Da war es kein großer Schritt, den Ungeheuern Weltraum mit Äther zu füllen, als man um der Wellentheorie des Lichtes willen einen Wellenträger im Weltenraum brauchte." Der Artikel geht anschießend sehr ausführlich auf den Äther und die Relativitätstheorie sowie überhaupt Vorstellungen von Raum und Kausalität ein. In: Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 1923, Band 1, S. 89-95. Online: http://www.zeno.org/nid/20006180019
- [11] Der Astrophysiker Arthur Stanley Eddington geht noch im Jahr 1927 von der Existenz eines Äthers aus: "Thirty years ago there was much debate over the question of aether-drag—whether the earth moving round the sun drags the aether with it. At that time the solidity of the atom was unquestioned, and it was difficult to believe that matter could push its way through the aether without disturbing it. It was surprising and perplexing to find as the result of experiments that no convection of the aether occurred. But we now realise that the aether can slip through the atoms as easily as through the solar system, and our expectation is all the other way." Wir können zwar keine Geschwindigkeit relativ zum Äther messen, aber es kann ihn dennoch geben und er kann dennoch Eigenschaften haben: "Nowadays it is agreed that aether is not a kind of matter. Being non-material, its properties are sui generis. We must determine them by experiment; and since we have no ground for any preconception, the experimental conclusions can be accepted without surprise or misgiving. Characters such as mass and rigidity which we meet with in matter will naturally be absent in aether; but the aether will have new and definite characters of its own. In a material ocean we can say that a particular particle of water which was here a few moments ago is now over there; there is no corresponding assertion that can be made about the aether. If you have been thinking of the aether in a way which takes for granted this property of permanent identification of its particles, you must revise your conception in accordance with the modern evidence. We cannot find our velocity through the aether; we cannot say whether the aether now in this room is flowing out through the north wall or the south wall. The question would have a meaning for a material ocean, but there is no reason to expect it to have a meaning for the non-material ocean of aether." Arthur Stanley Eddington: The Nature of the Physical World. MacMillan, 1928 (Gifford Lectures). Dort "Chapter I The Downfall of Classical Physics". Dort die Seiten 3 und 31 sowie 32. Siehe auch Lichtäther ↗
- [12] Ein früher Experte auf dem Gebiet der Relativitätstheorie, Arthur Stanley Eddington (1882 bis 1944), hielt noch im Jahr 1928 am Begriff Äther fest. Die heute verbreitete Vorstellung, Einstein habe den Äther beseitigt, scheint differenzierter betrachtet werden zu müssen. Eddington meinte mit Äther aber recht weit gefasst wohl alles, was den scheinbar leeren Raum ausfüllt: "We must rid our minds of the idea that the word space in science has anything to do with void. As previously explained it has the other meaning of distance, volume, etc., quantities expressing physical measurement just as much as force is a quantity expressing physical measurement. Thus the (rather crude) statement that Einstein's theory reduces gravitational force to a property of space ought not to arouse misgiving. In any case the physicist does not conceive of space as void. Where it is empty of all else there is still the aether. Those who for some reason dislike the word aether, scatter mathematical symbols freely through the vacuum, and I presume that they must conceive some kind of characteristic background for these symbols. I do not think any one proposes to build even so relative and elusive a thing as force out of entire nothingness." In: Arthur Stanley Eddington: The Nature of the Physical World. MacMillan, 1928 (Gifford Lectures). Dort im Kapitel "Gravitation". Seite 137.