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Wunder


Unerklärbares


Basiswissen


Das klassische Beispiel für ein Wunder sind Menschen, die auf einer Wasseroberfläche laufen: in der Religion ist ein Wunder oft Ausdruck einer göttlichen Machtschau[1]. In den Naturwissenschaften gilt ein Wunder als etwas nicht mit Naturgesetzen Erklärbares, im engeren Sinn muss ein Wunder eine streng gültige Kausalität durchbrechen. Die Idee des Wunders ist hier kurz in ihrer Bedeutung für die moderne Physik vorgestellt.

Das klassische Makro-Wunder: groß, auffällig, selten


Im Neuen Testament der Bibel (Mätthäus 14, 29) steht: "Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und ging über das Wasser auf Jesus zu." Das ist ein klassisches Wunder, wie es in vielen Erzählungen auf ähnliche Weise vorkommt. Es passieren Dinge "welche sich aus den bekannten Gesetzen der Natur nicht erklären lassen, und daher für eine unmittelbare Wirkung Gottes gehalten werden[1]". Oder: "Wunder sind im Allgemeinen außerordentliche, ungewöhnliche Ereignisse, welche den Augenzeugen derselben Verwunderung abnöthigen[3]" Diese Zitate aus alten Lexika treffen den Kern von einem klassischen Wunder: große Dinge, die sich nur durch die Wirkung eines übersinnlichen Wesen erklären lassen. Die Wunder sind also in der makroskopischen Welt der für uns sinnlich wahrnehmbaren Dinge gut erkennbar. Was das klassische Wunder ausmacht ist die Verletzung jeder alltäglichen Erfahrung, ein Bruch mit unserem Gefühl von Ursache (ein Mensch stellt sich auf ein tiefes Wasser) und dazugehöriger erwarteter Wirkung (er geht unter). Wer also ein Wunder zu sehen glaubt, glaubt im Umkehrschluss an eine anonsten regelmäßige Ordnung von Ursache und Wirkung. Eine solche Ordnung nennt man in der Philosophie auch Kausalität ↗

Die Mikro-Wunder der Quantenphysik: klein, unscheinbar, ständig


Bis zur Entdeckung der seltsamen Welt der Quantenobjekte gingen die meisten (Natur)Wissenschaftler davon aus, dass die Welt der Materie von einer strikten Kausalität geregelt ist, und zwar bis hinunter zum kleinsten Bauteil der Materie. Die klassische Metapher für diese Weltsicht ist der Laplacesche Dämon[11]. Damit hat die Quantenphysik seit den 1920er Jahren vollständig aufgeräumt. Die Gesetze der Quantenphysik, wie sie etwa für den radioaktiven Zerfall, das Aussenden von Elektronen aus Glühdrähten oder die Fortbewegung von Licht im Raum formuliert sind, sind durchweg nur Wahrscheinlickeitsaussagen. Ein einzelnes Quantenereignis, der Zerfall eines Atoms, unterliegt keiner erkennbaren Kausalität. Man kennt keinerlei Ursache dafür, wann ein Atom zerfällt. Greift ein Gott gestaltend in den Weltablauf ein[12]? Wird das Atom von einer psychischen Kraft dazu veranlasst[13]? In unseren Körper und um uns herum passieren ständig aberbillionen von Prozessen, die ohne Ursache, rein zufällig passieren und damit außerhalb der Kausalität zu stehen scheinen. Wenn man es für ein Wunder hält, wenn die Kausalität verletzt wird, sollte man es dann nicht für ein noch viel größeres Wunder halten, dass die gesamte Welt vielleicht auf einer Art Grundrauschen ständiger Prozesse ohne jede Kausalität beruht[14]? Was an den Dingen der Quantenwelt so sonderbar ist, das zu erklären versucht der Artikel zum Quantenobjekt ↗

Fußnoten


Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 753. Online: http://www.zeno.org/nid/20003570223