R


Survival of the fittest


Evolution


Basiswissen


Als „survival of the fittest“[1], auf Deutsch etwa „Überleben des Stärkeren"[7] bezeichnet man heute in der Evolutionsbiologie den Fortbestand der am besten angepassten Individuen in einer darwinistisch betrachteten Evolution. Der Begriff wurde in diesem Sinn erstmals 1864 von dem englischen Politiker Herbert Spencer[1] verwendet und später unübersetzt ins Deutsche übernommen[4]. Hier ist kurz besprochen, warum das Wort "fittest" irreführend sein kein.

1864: Herbert Spencer prägt den Begriff vom survival of the fittest


„Wenn […] Individuen einer Species […] nothwendig in zahllosen Richtungen und Graden auseinander gehen müssen, […] dann müssen auch unter allen Individuen einige stets weniger als andere der Gefahr ausgesetzt sein, dass ihr Gleichgewicht durch eine besondere einwirkende Kraft […] vollständig zerstört werde. […] Die nothwendige Folge wird sein, dass jene Individuen, deren Functionen am meisten von dem Gleichgewichte mit dem modificirten Aggregate äusserer Kräfte abweichen, zu Grunde gehen müssen, während dagegen jene fortleben werden, deren Functionen am ehesten dem Gleichgewicht mit dem abgeänderten Aggregate äusserer Kräfte nahe kommen.“ „Dieses Überleben der Passendsten (engl.: Survival of the Fittest) aber hat auch die Vermehrung der Passendsten zur Folge. […]“ „Dieses Überleben der Passendsten […] ist dasselbe, was Herr Darwin als Natürliche Zuchtwahl (engl.: Natural Selection) […] bezeichnet hat.“

1901: T. H. Huxley verweist auf mögliche Fehldeutungen


Schon kurz nach der Jahrhundertwende wies der englische Biologe und glühende Darwinist Thomas Huxley auf eine Fehldeutung des Wortes fit hin: „Die unglückliche Übersetzung von natürliche Zuchtwahl als survival of the fittest hat viel Schaden in Folge seiner Mehrdeutigkeit des Wortes fittest angerichtet. Viele verstehen unter fittest die besten oder die am höchsten entwickelten. Tatsächlich aber kann die natürliche Zuchtwahl auch in Richtung einer Degeneration wirken.“ Das englische Original war: „The unlucky substitution of „survival of the fittest“ for „natural selection“ had done much harm in consequence of the ambiguity of „fittest“ - which many take to mean „best“ or „highest“ - whereas „natural selection“ may work toward degradation […][2]“ Die Idee, dass ein "survival of the fittest" tatsächlich auch zu einer Rückentwicklung führen kann betrachtet der Artikel über eine regressive Evolution ↗

1913: Übertragung in den Sozialdarwinismus


Der deutsche Militärhistoriker Friedrich von Bernhardi soll hier als typisches Beispiel dafür dienen, wie die Idee von einem „survival of the fittest“ auf das menschliche Zusammenleben übertragen wurde. Die entsprechende Geistesströmung nennt man heute Sozialdarwinismus: „Im inngergesellschaftlichen Kampf wird die Gesellschaftsordnung sich als die lebensfähigste erweisen, in der die tüchtigsten sich als die lebensfähigsten erweisen, in der die tüchtigsten Persönlichkeiten zum größten Einfluß gelangen.[3] Siehe mehr dazu im Artikel Bernhardi-Barriere ↗

1976: Verallgemeinerung hin zum Stabilen


Der Zoologe Richard Dawkins (geboren 1941), ein vehementer Vertreter des Darwinismus, verallgemeinert Darwins "Überleben des Bestangepaßten" zum "Fortbestand des Stabilen". Nach Dawkins ist ein "stabiles Gebilde […] eine Ansammlung von Atomen […] wie beispielweise das Matterhorn, das lange genug besteht, so daß es sich lohnt, ihm einen Namen zu geben." Und: "Alle Dinge, die wir um uns herum sehen und die unserer Meinung nach eine Erklärung verlangen - Felsen, Galaxien, Meereswellen -, sind mehr oder minder stabile Anordnungen von Atomen." Und bereits vor der Entstehung von Leben gab es auf der Erde eine Art Evolution hin zum Stabilen: "Der entscheidende Punkt ist, daß bereits vor der Entstehung des Lebens auf der Erde eine gewisse rudimentäre Evolution von Molekülen durch gewöhnliche physikalische und chemische Prozesse stattgefunden haben könnte." Denn: "Wenn eine Gruppe von Atomen unter Einwirkung von Energie eine stabile Struktur ausbildet, bleibt diese gewöhnlich stabil. Die früheste Form der natürlichen Auslese war einach eine Selektion stabiler und ein Verwerfen instabiler Formen."[11]

2013: Übertragung in den Wirtschaftsdarwinismus


Der Begriff des Wirtschaftsdarwinismus steht für die Idee, dass Unternehmen in einer Marktwirtschaft einem ständigen Kampf ums Überleben ausgesetzt sind[8]. Auch dort gibt es dann ein survival of the fittest, nämlich ein Überleben der am besten angepassten Unternehmen. Umstritten ist dabei, wofür fitness in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen soll. Soll fitness für die reine Überlebensfähigkeit oder etwa auch für einen volkswirtschaftliche n Nutzen in Form von gezahlten Löhnen oder Steuern stehen?[10] Siehe mehr unter Wirtschaftsdarwinismus ↗

Heutige Verwendung in der Evolutionsbiologie


Evolutionsbiologen vermeiden heute den Begriff eines „survival of the fittest“. Zwei Gründe sprechen für diese Vermeidung. Zum ersten gilt Huxleys hinweis sehr zu Recht, dass fit hier nicht verwechselt werden darf mit medizinischen oder sozialer Vorstellung einer Fitness im Sinn von körperlicher oder geistiger Leistungsfähigkeit. Im evolutionsbiologischen Sinn sind auch Nacktmulle, Darmparasiten und Faultiere fit. Zum zweiten befeuerte die Idee eines Überlebenskampfes bei dem die Tüchtigsten (fittesten) als Sieger hervorträten sozialdarwinistische Fehlinterpretationen der Evolution, mit Konsequenzen bis hin zum Nationalsozialismus. Zur heutigen Interpretation vom „survival of the fittest“ siehe den Artikel Fitness ↗

Fußnoten