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Schöpfwerk (Überschlagsrechnung)


Physik


Basiswissen


An der deutschen Nordseeküste bezeichnet man große Anlagen zum Pumpen von Oberflächenwässern ins Meer hin als Schöpfwerke. Hier wird mit Hilfe von Daten einer Informationstafel vor Ort überschlägig berechnet, wie gut die Daten zueinander passen.

Was ist der Sinn von einem Siel?


An der deutschen Nordseeküste, am Südrand des sogenannten Jadebusens, ist das Festland zum Meer rundum mit Deichen geschützt. Regenwasser und Wasser aus Flüssen und Bächen muss letztendlich ins Meer gelangen können, soll die Landschaft dort nicht versinken. Das Meer steigt und fällt mit den Gezeiten - Ebbe und Flut - zweimal am Tag um mehere Meter Höhe. Die Grundidee eines Sieles ist es, das Binnenwasser bei Ebbe durch eine Öffnung im Deich von alleine bergab ins Meer fließen zu lassen. Steigt das Meerwasser bei Flut an, würde es durch das offene Siel umgekehrt ins Binnenland fließen. Das verhindert man dadurch, dass Tore am Siel, die Sieltore, bei hohen Wasserständen im Meer geschlossen werden können. Siehe auch Siel ↗

Wann ist ein Schöpfwerk nötig?


Oft, bei längerem Hochwasser oder Sturmfluten, steht das Meerwasser über lange Zeiten höher als das Wasser im Binnenland. Dann kann das Wasser dort nicht von alleine ins Meer abfließen. Es fehlen dann die niedrigen Meereswasserstände um die Sieltore sicher öffnen zu können. Mit Hilfe von Pumpen wird es dort sozusagen bergauf ins Meer gefördert. Die Pumpen werden auch nötig, wenn bei extrem ergiebigen Niederschlägen die Siele das Wasser nicht schnell genug ins Meer abfließen lassen können. Auch dann werden die Pumpen zur Unterstützung der Siele angeworfen. Das war früher regelmäßig im Frühjahr und Herbst der Fall. Die gesamte bauliche Anlage zum künstlichen Abmpumpen des Wassers nennt Schöpfwerk ↗

Das Jade-Wapeler Siels und Schöpfwerkes


Bis in die Jahre 1923/24 gab es am südlichen Ende des Jadebusens ein Jade-Siel und ein Wapeler-Siel. Dann wurden sie zusammengelegt zu einem gemeinsamen Siel. In den Jahren 1962 bis 1965 wurde dann das Schöpfwerk dazu gebaut. An der Anlage vorbei führt ein Radweg, man kann durch Scheiben in das Innere sehen. Eine große Erklärtafel liefert die grundlegenden Daten.

Das Einzugsgebiet des Jade-Wapeler Schöpfwerkes



Der Abfluss des Wassers ins Meer



Überschlag: Abflussmenge und Niederschlag


Für Deutschland waren in der zweiten Hälfte des 20ten Jahrhunderts jährliche Niederschlagsmengen von 600 bis rund 1000 Zentimeter üblich. Würde das Wasser in der Landschaft nicht abließen, stünde es am Ende des Jahres rund einen Meter hoch in der flach gedachten Landschaft. Mit dieser angenommenen Niederschlagshöhe von einem Meter pro Jahr kann man das Volumen des gefallenen Regens im Einzugsgebiet von 21700 Hektar berechnen: Volumen gleich Grundfläche mal Höhe. Die Grundfläche ist das Einzugsgebiet (27 Millionen m²), die Höhe dann ein Meter. damit kommt man auf eine Niederschlagsmenge von rund 30 Millionen Kubikmetern pro Jahr. Das passt von der Größenordnung her zu den 60 Millionen Kubikmetern auf der Infotafel. Die Abweichung könnte daher stammen, dass es in der Gegend tatsächlich sehr viel mehr regnet, zum Beispiel 2 Meter Niederschlagshöhe pro Jahr. Oder es gibt noch andere Wasserzuflüsse, die nicht auf Regen im Einzugsgebiet zurückgehen, etwa aus zufließenden Bächen angrenzender Gebiete. Siehe auch Niederschlagshöhe ↗

Überschlag: Pumpleistung


Auf der Infotafel zum Schöpfwerk wird angegeben, dass pro Jahr etwa 19 Millionen Kubikmeter Wasser abgempumpt werden. Dazu laufen die Pumpen rund 160 Stunden und hätten eine Leistung von etwa 34 Kubikmetern pro Sekunde. Man kann die Gesamtpumpzeit von 160 Stunden zunächst umrechnen in Sekunden: 160 Stunden mal 3600 gibt die Anzahl in Sekunden: 576 Tausend Sekunden. Verteilt man die 19 Millionen m³ gepumptes Wasser pro Jahr gleichmäßig auf diese Sekundenzahl ergibt sich 32 m³ pro Sekunde. Das passt sehr gut zu der angegebenen Pumpleistung von 34 m³/s.

Überschlag: elektrische Energie


Interessant ist noch, wie viel Strom, also elektrische Energie, für die jährliche Pumparbeit benötigt wird. Dazu muss man wissen, um welche Höhe die Wassermengen nach oben gemumpt wird, die sogenannte Förderhöhe. Diese Angabe ist auf der Infotafel nicht gegeben. Geht man aber von einem durchschnittlichen Tidenhub von rund 4 Metern im Jadebusen aus, kann man als Förderhöhe einige wenige Meter annehmen, zum Beispiel 2 Meter. Mit dieser Annahme kommt man zumindest in die Gegend der nötigen elektrischen Energie. Zuerst berechnet man die sogenannte Hubarbeit W (W von work) über die Formel W=m·g·h. Das kleine m ist die angehobene Wassermasse: 19 Millionen Kubikmeter wiegen rund 19 Millionen Tonnen oder 19 Milliarden (19000000000) Kilogramm. Das kleine g ist der sogenannte Ortsfaktor, der auf der Erdoberfläche immer mit 9,81 N/kg angegben ist. Und das kleine h ist die Förderhöhe, die wir hier mit rund 2 Metern annehmen. Damit wird die Hubarbeit zu: 19 Milliarden mal 9,81 mal 2. Das gibt gerundet rund 380 Milliarden Joule. Umgerechnet ist das so viel elektrische Energie wie rund 100 Tausend Kilowattstunden. Eine Kilowattstunde Strom kostete im Jahr 2022 in der Größenordnung von 40 Cent. Damit lägen die Pumpkosten rechnerisch bei 40 Tausend Euro. Mit den ganzen getroffenen Annahmen kann man sagen: die Stromkosten zum Abpumpen des Wasser liegen im Bereich einiger Zehnertausender Euro pro Jahr.

Schöpfwerke und der Klimawandel


Der Klimawandel lässt es sinnvoll erscheinen, die installierten Leistungen der Schöpfwerke neu zu überdenken: man rechnet zukünftig mit mehr Extremniederschlägen, man rechnet mit einem Anstieg des Meeresspiegels um bis zu mehreren Metern. Siehe auch Klimaanpassung ↗

Verwendete Formeln Rechentipps