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Res extensa


Physikalisch


Basiswissen


Mit Länge, Breite und Höhe, also ausgedehnt: ein Stück Gestein wäre ein typisches Beispiel für res extensa, wörtlich ausgedehnte Substanz. Der Mathematiker Rene Descartes trennte die Welt in Geistartiges und Materielles. Res extensa steht in der Philosophie für das Materielle. Dieses Konzept war methodisch sehr erfolgreich, gilt aber heute als mindestens fragwürdig.

Definition


Res extensa als etwas das Raum oder Volumen braucht, heute würde man von Materie oder physikalischem Stoff sprechen. Der Begriff res extensa heute für ein Modell von Materie, das geistartige (denkende) Prozesse völlig absondern kann. Absondern heißt, dass man zur Erklärung der materiellen Welt keinerlei geistartigen (res cogitans) Phänomene annehmen muss.

Dualismus


Descartes trennte die Welt in zwei unabhängige Substanzen. Keine dieser zwei Substanzen benötigt zwingend die andere zu ihrer Existenz. Beide Substanzen folgen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Die Vorstellung, dass die Welt aus genau zwei getrennten Substanzen oder Grundprinzipien besteht nennt man in der Philosophie Dualismus ↗

Bedeutung


Descartes lebte in einer Zeit, die sich zunehmend selbstbewusst von mittelalterlichen Weltvorstellungen löste. In stark religiös geprägten Vorstellungen des Mittelalters war die materielle Welt oft Ausdruck göttlicher oder schicksalshafter Einflussnahme. Orakel deuteten die Zukunft an, Schlachtenausgänge galten als Zeichen göttlicher Strafe oder Zuneigung, Visionen galten als gottgesandte Bilder und die Bewegung der Planeten war ein Sinnbild des göttlichen Weltplanes. So gesehen musste man zur Erklärung materieller Phänomene stets religiöse oder überweltliche Willen und Prinzipien mitdenken. Durch die Trennung von seelenfreier Materie und beseelter geistartiger Substanz wurde es möglich, materielle Phänomeme für sich alleine zu betrachten: Die Planeten bewegen sich nicht (in etwa) auf Kreisbahnen um die Sonne, weil dies dem göttlichen Plan entspricht, sondern weil F=ma und ähnliche Gesetze gelten. Im Rückblick kann man diesen methodischen Dualismus als eines der Erfolgsprinzipien der aufstrebenden Naturwissenschaften betrachten.

Gibt es die ausgedehnte Substanz?


Eher nicht: auf der Suche nach den Bausteinen der Materie begann um das Jahr 1900 eine Trendwende: kleinsten Teilchen konnte man immer schwerer Eigenschaften wie Materie, Aufenthaltsort oder Ausdehnung zuschreiben. Ab den 1930er Jahren überwiegen physikalische Modelle von Materie, die sie eher mit (Materie)Wellen, Wahrscheinlichkeitsfelder oder Informationseinheiten in Verbindung bringen. Verschiedene Interpretationen der Quantenphysik sehen auch unlösbare Verbindungen zwischen Geist und Materie. Siehe als Beispiel dazu etwa das Welle-Teilchen-Dualismus ↗

Welche Probleme bringt die Idee des Raumes?


Nicht erst seit Albert Einsteins Relativitätstheorie aus dem Jahr 1905 hat man handfeste Probleme mit der Vorstellung eines für sich existierenden Raumes formuliert. Der Raum als Behälter für die darin enthaltenen res-extensa-Körper gilt heute als problematisch. Lies mehr dazu unter Raum ↗

Originalzitat


"Et primò, quoniam scio omnia quae clare & distincte intelligo, talia a Deo fieri posse qualia illa intelligo, satis est quòd possim unam rem absque alterâ clare & distincte intelligere, ut certus sim unam ab alterâ esse diversam, quia potest saltem a Deo seorsim poni; & non refert a quâ potentiâ id fiat, ut diversa existimetur; ac proinde, ex hoc ipso quòd sciam me existere, quòdque interim nihil plane aliud ad naturam sive essentiam meam pertinere animadvertam, praeter hoc solum quòd sim res cogitans, recte concludo meam essentiam in hoc uno consistere, quòd sim res cogitans. Et quamvis fortasse (vel potiùs, ut postmodum dicam, pro certo) habeam corpus, quod mihi valde arcte conjunctum est, quia tamen ex unâ parte claram & distinctam habeo ideam meî ipsius, quatenus sum tantùm res cogitans, non extensa, & ex aliâ parte distinctam ideam corporis, quatenus est tantùm res extensa, non cogitans, certum est me a corpore meo revera esse distinctum, & absque illo posse existere." Quelle: Meditationes de prima philosophia, Meditationes VI, 1641

Englische Übersetzung


"And, firstly, because I know that all which I clearly and distinctly conceive can be produced by God exactly as I conceive it, it is sufficient that I am able clearly and distinctly to conceive one thing apart from another, in order to be certain that the one is different from the other, seeing they may at least be made to exist separately, by the omnipotence of God; and it matters not by what power this separation is made, in order to be compelled to judge them different; and, therefore, merely because I know with certitude that I exist, and because, in the meantime, I do not observe that aught necessarily belongs to my nature or essence beyond my being a thinking thing, I rightly conclude that my essence consists only in my being a thinking thing [or a substance whose whole essence or nature is merely thinking]. And although I may, or rather, as I will shortly say, although I certainly do possess a body with which I am very closely conjoined; nevertheless, because, on the one hand, I have a clear and distinct idea of myself, in as far as I am only a thinking and unextended thing, and as, on the other hand, I possess a distinct idea of body, in as far as it is only an extended and unthinking thing, it is certain that I, [that is, my mind, by which I am what I am], is entirely and truly distinct from my body, and may exist without it."