Phlogiston
Wärmestoff
Basiswissen
Im 18ten Jahrhundert herrschte unter Naturwissenschaftlern die Idee vor, Wärme sei ein eigener Stoff, das sogenannte Caloricum[9]. Dass Wärme ein Stoff ist entspricht auch dem Gefühl, dass sie fließt oder aufbewahrt werden kann. Bei einer Verbrennung sollte dieser Stoff freigesetzt werden. Demnach müssten Stoffe bei einer Verbrennung aber leichter werden, tatsächlich werden sie meist aber deutlich messbar schwerer[9]. Die Wiederlegung der Theorie vom Phlogiston ist heute mit dem Namen der tragischen Figur Antoine Laurent de Lavoisier verbunden. Lavoisier wurde im Jahr 1794 in den Wirren der Französisches Revolution enthauptet[10]. Heute betrachtet man Wärme nicht als einen Stoff sondern als eine ungeordnete Bewegung von kleinsten Teilchen. Ein Phlogiston gibt es demnach nicht. Zur heute gültigen Vorstellung, siehe unter Wärme ↗
Fußnoten
- [1] 1793, Phlogiston als reine Brennbarkeit: "Brênnbar, -er, -ste, adj. et adv. des Brennens fähig, was brennen, oder gebrennet werden kann. Brennbare Körper. Ein brennbares Wesen. Das Brennbare, Phlogiston. So auch die Brennbarkeit, plur. car. die Eigenschaft eines Körpers, nach welcher er brennbar ist." In: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1183. Online: http://www.zeno.org/nid/20000087742
- [2] 1809, Verweis auf die antiphlogistische Chemie: "Das Phlogiston, s. die antiphlogistische Chemie." In: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 428. Online: http://www.zeno.org/nid/20000764906
- [3] 1856, Brennstoff: "Phlogiston, griech., in Stahls (s.d.) Chemie der Brennstoff in einem Körper; phlogistisch, brennbar; phlogistisiren, mit Brennstoff verbinden." In: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 535. Online: http://www.zeno.org/nid/20003469840
- [4] 1861, als verworfene Theorie: "Phlogiston (gr.), wurde zuerst von G. E. Stahl als eigener Grundstoff der Körper, worauf zunächst die Fähigkeit zu brennen beruhe, aufgestellt. Obgleich nur Hypothese, wurde das P. doch eine Zeitlang eine der Hauptgrundlagen der Chemie, bis nach Entdeckung des Sauerstoffs u. seiner Beziehungen, nicht nur zum Verbrennen, sondern auch zu mehren physischen u. chemischen Vorgängen, man allmälig völlig von dieser Theorie zurückkam; vgl. Chemie B) d)." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 79. Online: http://www.zeno.org/nid/20010632476
- [5] 1907, Würdigung der Theorie: "Phlogiston (gr. phlogiston = verbrennbar v. phlogizô = entflammen, verbrennen) ist nach Stahl (1660-1734) das den brennbaren Körpern Gemeinsame, welches ihnen Entzündlichkeit und Brennbarkeit verleiht; phlogistisch heißt entzündlich. Die Phogistontheorie hat zum ersten Male die Begriffe des Oxydation und Reduktion in ihrer gegenseitigen Beziehung klargestellt und dadurch dauernd für die Wissenschaft erobert. Vgl. Ostwald, Leitlinien der Chemie. Leipzig 1906." In: Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 1907, S. 439-440. Online: http://www.zeno.org/nid/20003588130
- [6] 1908: "Wissenschaftsgeschichte: "Phlógiston (griech.), nach der Theorie von Stahl (1660–1734) und seinen Anhängern (den Phlogistikern) der hypothetische Bestandteil der brennbaren Körper (auch der Metalle), der bei der Verbrennung oder Oxydation entweicht. Weiteres s. Chemie, S. 913." In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 803. Online: http://www.zeno.org/nid/20007247745
- [7] 1911, Geschichte: "Phlogĭston (grch.), Brennstoff, nach der Verbrennungstheorie von G. E. Stahl (s.d.) der hypothetische Stoff, der bei der Verbrennung der Körper entweichen sollte. Diese phlogistische Theorie wurde durch Lavoisier widerlegt; die Entwicklungsstufe der Chemie (s.d.), die die Phlogistontheorie bekämpfte, hieß antiphlogistische Chemie. Phlogistisch, brennbar, mit Brennstoff angefüllt." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 401. Online: http://www.zeno.org/nid/2000144350X
- [8] 1923, als Metapher für Gottesglauben: "Ich vergleiche den Gott lieber mit dem Phlogiston der Chemie. Gegen hundert Jahre, vom Ende des 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, haben die Theologen der Chemie und mit ihnen die Welt an dieses Wort geglaubt, das die Verbrennung der Körper, also die Wärme, also die Herkunft der wichtigsten irdischen Kraft erklären sollte. Heute wissen wir: Bleioxyd ist Blei und noch etwas, Pb + O. Damals lehrte man, gegen den Augenschein – da man das höhere Gewicht des Bleioxyds schon beobachtet hatte –: Blei ist Bleikalk und noch etwas, Blei ist Bleikalk (Bleioxyd) + Phlogiston. Etwas, was gar nicht auf der Welt war, sollte die Ursache dessen sein, was da war. Wie Phlogiston in alle Metalle hineingedacht wurde, so der Gott in alle Geschehnisse: der Zufall wird zur Geschichte durch Gottes Vorsehung, Rache am Verbrecher wird zur Strafe durch Gottes Gerechtigkeit, die Aussage wird zum Eide durch Gottes Anrufung." Im Artikel zu "Gott" in: Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 1923, Band 2, S. 5-19. Online: http://www.zeno.org/nid/20006180701
- [9] 1837, Zweifel an der Theorie des Phlogiston: " Lavoisier (Ant. Laurent), der Schöpfer der neuern Chemie, wurde 1743 zu Paris geboren und erwarb sich die gründlichsten und vielseitigsten naturwissenschaftlichen Kenntnisse. Er erregte zuerst Aufsehen durch eine Schrift über die zweckmäßigste Art der Straßenbeleuchtung, welche 1764 von der franz. Regierung mit dem von ihr ausgesetzten Preise belohnt wurde. Mehre ausgezeichnete Abhandlungen, welche L. darauf der Akademie überreichte, hatten 1768 seine Aufnahme in dieses Institut zur Folge. Zu ausgedehnten und kostspieligen chemisch-physikalischen Versuchen fand L. die Mittel in der Stelle eines Generalpächters, welche er übernahm. Bisher hatten die Naturforscher den Verbrennungsproceß, einen der wichtigsten und am tiefsten in das Wesen der ganzen Chemie eingreifenden, dadurch erklärt, daß sie nach Vorgang des deutschen Chemikers Stahl einen eignen Stoff, Phlogiston genannt, annahmen, welcher mit allen verbrennbaren Körpern verbunden sein und bei der Verbrennung ausgeschieden werden sollte. Schon vor L. hatte man indeß die Bemerkung gemacht, daß bei genauer Beobachtung und Untersuchung sich zeige, daß die Körper beim Verbrennen keineswegs an Gewicht verlören, sondern vielmehr gewönnen, und diese Bemerkung mußte nothwendig, wenn man das Phlogiston nicht aufgeben wollte, zu der widersinnigen Annahme führen, daß das Phlogiston ein Stoff sei, welcher durch seine Gegenwart andere Stoffe nicht schwerer, sondern leichter mache." Der Artikel behandelt dann weiter ausführlich auch biographische Stationen von Lavoisier. In: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 708-709. Online: http://www.zeno.org/nid/20000840130
- [10] Lavoisier, in einem Lexikon von 1809. Es wird erwähnt, wie Robespierre Lavoisier unter nichtigen Gründen hinrichten ließ: "Er war Generalpachter gewesen, und hatte dieses Amt mit eben so viel Rechtschaffenheit als Genauigkeit geführt; in den Ausschüssen der constituirenden National-Versammlung arbeitete er mit der größten Thätigkeit, und stets war er mit Entwürfen für das allgemeine Beste beschäftigt. Robespierre verhinderte ihn jedoch an der Ausübung des Guten, ließ ihn, ohne irgend eine andere Ursache zu haben, als weil er ehemahls Generalpachter gewesen war, einkerkern und am 8. Mai 1794 mit den übrigen Generalpachtern durch die Guillotine hinrichten. Jetzt wird Lavoisier in Frankreich unter die bedauernswürdigsten Opfer der ehemahligen Schreckensregierung gezählt, und sein Andenken überall ehrenvoll wieder hergestellt." In: Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 369-370. Online: http://www.zeno.org/nid/20000757519
- [11] Dass Wärme nicht ein fließender Stoff ist, sondern Bewegung, vermutete schon Isaac Newton: "Qu. 5. Do not Bodies and Light act mutually upon one another, that is to say, Bodies upon Light in emitting, reflecting, refracting and inflecting it, and Light upon Bodies for heating them, and putting their parts into a vibrating motion wherein heat consists?" In: Isaac Newton: OPTICKS: OR, A TREATISE OF THE Reflections, Refractions, Inflections and colours OF LIGHT. The FOURTH EDITION, corrected. By Sir ISAAC NEWTON, Knt. LONDON: Printed for WILLIAM INNYS at the West-End of St. Paul's. MDCCXXX (1730). Dort die Seite 339.
- [12] Obwohl Newton Wärme als Vibration und damit als Bewegung betrachtete, nahm er einen Stoff an, den er unbenannt ließ, über dessen Vibrationen Wärme auch in einem Vakuum transportiert werden kann. Bemerkenswert ist an dem folgenden Zitat auch, dass ein Vakuum nach Newton ein luftleerer aber nicht ein ganz stoffleerer Raum ist. Newton schrieb: "Qu. 18. If in two large tall cylindrical Vessels of Glass inverted, two little Thermometers be suspended so as not to touch the Vessels, and the Air be drawn out of one of these Vessels, and these Vessels thus prepared be carried out of a cold place into a warm one; the Thermometer in vacuo will grow warm as much, and almost as soon as the Thermometer which is not in vacuo. And when the Vessels are carried back into the cold place, the Thermometer in vacuo will grow cold almost as soon as the other Thermometer. Is not the Heat of the warm Room convey'd through the Vacuum by the Vibrations of a much subtiler Medium than Air, which after the Air was drawn out remained in the Vacuum? And is not this Medium the same with that Medium by which Light is refracted and reflected, and by whose Vibrations Light communicates Heat to Bodies, and is put into Fits of easy Reflexion and easy Transmission? And do not the Vibrations of this Medium in hot Bodies contribute to the intenseness and duration of their Heat? And do not hot Bodies communicate their Heat to contiguous cold ones, by the Vibrations of this Medium propagated from them into the cold ones? And is not this Medium exceedingly more rare and subtile than the Air, and exceedingly more elastick and active? And doth it not readily pervade all Bodies? And is it not (by its elastick force) expanded through all the Heavens?" In: In: Isaac Newton: OPTICKS: OR, A TREATISE OF THE Reflections, Refractions, Inflections and colours OF LIGHT. The FOURTH EDITION, corrected. By Sir ISAAC NEWTON, Knt. LONDON: Printed for WILLIAM INNYS at the West-End of St. Paul's. MDCCXXX (1730). Dort die Seite 348 und 349.
- [13] "Calorĭcum (lat.), so v.w. Wärmestoff." In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 582. Online: http://www.zeno.org/nid/20009625445