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Moostierchen


Zoologie


Basiswissen


Moostierchen, Latein Bryozoa, bilden einen eigenen Tierstamm mit rund 6000 Arten. Die kleinen Tiere leben in Stöcken zusammen, das sind Kolonien von genetisch identischen Einzeltieren. Obwohl es eine ausgeprägte Arbeitsteilung gibt, hat jedes Tier sein eigenes Verdauungssystem.

Beschreibung


Moostierchen sind kleine Tentakeltiere. Jedes der Einzeltiere, Zooid genannt, lebt in einer eigenen Schutzkapsel aus Kalk und Chitin. Auf Steinen, Muscheln oder auch Tangen bilden die Tiere oft moosartig aussehende Kolonien, daher ihr Name. Bei den Moostierchen (Bryozoa) befinden sich die Zooide innerhalb einer Wohnröhre (extrazooidales Skelett, Zooecium), die die verbindende Struktur der Kolonie darstellt. Sie besitzen ein sehr kleines Gehirn, einen langen Magen mit Darm und After sowie Muskeln zum Öffnen und Schließen der Klappen zu ihrem Wohnraum. Ihnen fehlt aber zum Beispiel ein Blutgefäß, eine Niere oder Leber. Mit den Tentakeln fischen sie kleinste planktonische Nahrung aus dem Wasser, beispielsweise Kieselalge[n] ↗

Moostierchen-Invasion


Vom Herbst 2020 bis in den Sommer 2021 wurden entlang der belgischen, niederländischen und wahrscheinlich auch entlang der deutschen Nordseeküste große Mengen toter Moostierchen angeschwemmt. Niederländische Zeitungen berichteten darüber ausführlich. Das Phänomen ist beispielhaft anhand der Urlaubsinsel Wangerooge beschrieben Moostierchen auf Wangerooge ↗

Fast ein Superorganismus?


Als Superorganismus bezeichnet man in der Biologie Ansammlungen gleichartiger Tiere einer Art, die als Kollektiv aber Merkmale eines individuellen Überorganismus zeigen. Das klassische Beispiel sind staatenbildende Insekten wie etwa Bienen. Moostierchen befinden sich auf einer Zwischenstufe zwischen solitären Einzeltieren und einem stark individualisierten Superorganismus. Bei Moostierchen bezeichnet man das Kollektiv oder die Kolonie als Stock, die Einzeltiere nennt man Zooide. Innerhalb des Stockes zeigen die Moostierchen-Zooide oft eine starke Arbeitsteilung: manche dienen nur der Verdauung, andere der Verankerung, wieder andere besorgen die Nahrung oder halten den Stock oder sind auf reine Geschlechtstiere reduziert. (Eine solche funktionale Reduzierung einzelner Individuen innerhalb eines Kollektivs bezeichnete der polnische Autor Stanislaw Lem als soziointegrative Degeneration.) Dennoch spricht man bei Moostierchen-Stücken nicht von einem einzelnen Individuum. Siehe auch Superorganismus ↗

Ähnlichkeit zu Schwämmen


Schwämme als Wasserbewohner ähneln Moostierchen-Stöcken oft sehr stark. Schwämme sind ein weiteres Beispiel für Tiere im Übergangsbereich einer Kolonie und eines Individuums. Sie gelten tatsächlich aber bereits als Einzelorganismen und sind möglicherweise auch der Urahn aller Tiere - und damit auch den Menschen. Mehr dazu unter Schwämme ↗

Was ist eine Metasystem-Transition?


Von Molekülen zu RNA, von dort zu Zellen, von Zellen zu Organismen und von Organismen zu Gesellschaften aus Organismen: als Metasystem-Transition bezeichnet man qualitative Änderungen einer Lebensform hin zu mehr Komplexität. Das Moostierchen befindet sich an genau einer solchen Transitions-Stelle. Lies mehr unter Metasystem-Transitionen ↗

Fußnoten