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MONON


Planetarer Superorganismus


Basiswissen


Der Physiker und Genetiker Carsten Bresch extrapolierte die biologische Evolution auf der Erde konsequent weiter bis hin zur Entstehung eines weltweiten Überorganismus, den er MONON nannte. Er betrachtete dieses „planetarische Riesenwesen“ als eine Utopie, in der der Mensch als Teil seine Erfüllung finden wird. Das ist hier kurz vorgestellt.

Das MONON als planetares Überwesen


In seinem weltanschaulichen Hauptwerk „Zwischenstufe Leben“[1] skizziert Bresch eine „Integration“ bis auf die planetare Ebene konsequent weiter und skizzierte ein „planetarisches Riesenwesen“, in dem schließlich alle Kreaturen integriert sind: „Alle Muster unserer Erdkugel werden dann zu einem riesigen ‚intelligenten Organismus‘ verbunden sein – zu einem einzigen! Um dessen Singularität zu betonen, wollen wir solch eine Struktur ein ‚MONON‘ nennen.“[1, Seite 250]. Das Monon wird zu einer Art Planetisation führen: „Das Monon ist ein gigantisches, historisch gewachsenes Muster, aufgebaut auf biologisch-organisierter Materie. Es ist eine überindividuelle Ganzheit, deren Organe (Teilmuster) untereinander und zum Ganzen in kooperativer Beziehung stehen. Alle Aktivitäten im Innern und nach außen sind unter der Kontrolle eines kohärenten Netzwerkes intellektueller Information.“[1, Seite 251]. Diese Idee einer intellektuellen Durchwirkung eines ganzen Planeten bezeichnete der von Bresch zitierte französische Anthropologie Pierre Teilhard de Chardin treffend als Planetisation ↗

Das MONON gibt dem Menschen Erfüllung


Bresch zufolge wird sich das MONON um die Erhaltung seiner Teile kümmern: „Die biologische Evolution verlischt, wie wir gesehen haben. Pflanzen und Tiere, die unsere Nahrung bilden, die uns erfreuen, werden zu Teilen des Systems. Es sind Bausteine, die im Netz der Integration ihre Rolle haben und von ihm erhalten werden.“ Ähnlich denkt auch Breschs Kollege Joel de Rosnay. Er nennt seinen planetaren Überorganismus „Kybiont“ und sieht - wie Bresch - darin eine gute Zukunft für den Menschen. Bresch weiter: „Die individuelle Existenz des Menschen wird im Monon eine heute unvorstellbare Steigerung erfahren. Überall in der Evolution führt die Entwicklung ja zu größerem Musterreichtum, zu wachsender Mannigfaltigkeit und Strukturierung. Überall differenziert sich zunächst Gleiches oder Ähnliches durch ständige Wechselwirkung zu einer Fülle schillernder Vielförmigkeit. Beschleunigt zunehmende Vielfalt, nicht etwa Einebnung oder Gleichmacherei ist die immerwährende Tendenz der Musterwirkung. Nirgendwo in der Evolution wird aus Verschiedenem Gleiches!“ Für den Menschen bedeutet das auch Sicherheit: „Der Mensch als integrierender Teil des Monon wird also in weit gewachsener Freiheit, gesichert durch das Netz der von allen für das Ganze getragenen Verantwortung, diesen Reichtum individueller Verschiedenheit nicht etwa nur tolerieren und respektieren, sondern diese Individualisierung mit all seinen Kräften weiter zu steigern trachten. Maximales Wachsen harmonischen Musterreichtums wird im Monon die Zielrichtung aller Anstrengung sein.“[1, 250 f.]

Ideengeschichtliche Bezüge


Die Idee eines belebten Planeten als Endziel einer zwangsläufigen Evolution war zu Breschs Zeiten - die 1970er Jahre - nicht neu. So hatte Jan Christian Smuts bereits 1927 seine Idee einer stufenweise aufsteigenden Evolution veröffentlicht. Der Theologe Pierre Teilhard de Chardin hatte mit seinem Konzept des Omega Punktes eine irdische Weltseele umrissen. Science Fiction Autoren wie Olaf Stapledon (Nebula Maker), Arthur Conan Doyle (1928, When the World screamed) und Stanislaw Lem (Solaris) spielten aktiv mit dem Gedanken belebter Himmelskörper. Die Idee eines planetaren Superorganismus fand dann in den frühen 1980er Jahren weiteren Auftrieb, als das entstehende weltweite Computernetz als eine Art proto-Nervensystem interpretiert wurde. Siehe auch globaler Organismus ↗

Theoretisches Gegenargument


Die Entstehung eines Monon im Sinne von Carsten Bresch würde ein schleichendes oder plötzliches Ende evolutionärer Optimierungsprozesse voraussetzen oder zur Folge haben. Wenn Staaten, Unternehmen, Ideen, oder Weltanschaungen nicht mehr in einem auslesenden (selektierenden) Wettbewerb zueinander stehen, kommt es zu einem Ende der „schöpferischen Zerstörung“. Damit endet jeder auf einer darwinistischen Evolution beruhender Fortschritt. Werden die darwinistischen Fortschrittsmachanismen nicht ersetzt durch ein anderes Fortschrittsprinzip, drohen Stillstand und Degeneration. Diese (sozial)darwinistische Urangst ist hier benannt als Bernhardi-Barriere ↗

Fußnoten