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Kontext


Sprachlich


Basiswissen


Der Zusammenhang oder der gedankliche Hintergrund, der mitbestimmt, was eine Äußerung genau meint: Das Wort Kontext wird vor allem von den Sprachwissenschaften her definiert und bezieht sich meistens auf gesprochene Äußerungen und Textstücke. In einem erweiterten Sinn können aber wissenschaftliche Befunde oder Vermutungen in einem Kontext stehen. Beides ist hier kurz vorgestellt.

Kontext im Sinne der Sprachwissenschaften


Der Duden definiert Kontext als den „umgebenden Text einer sprachlichen Einheit“ oder als „Sach- und Situationszusammenhang, aus der heraus eine Äußerung verstanden werden muss“[1]. Ähnlich eng auf Sprache bezogen definiert auch das Bußmann Lexikon der Sprachwissenschaft Kontext „als alle Elemente einer Kommunikationssituation, die das Verständnis einer Äußerung mitbestimmen“[2]. Für konkrete Beispiele in diesem sprachwissenschaftlichen (linguistischen) Sinn, siehe unter Kontexte ↗

Deutungen von Licht als Beispiel für Kontexte


In den (Natur)Wissenschaften nehmen zunächst vage, deutungsoffene Worte wie zum Beispiel Licht erst in bestimmten Deutungszusammenhängen eine klarere Bedeutung an. Licht im Sinne der Strahlenoptik besteht aus geraden Linien, den Strahlen. In der Wellenoptik hingegen wird Licht als etwas Wellenartiges modelliert. Und in der Quantenphysik wird Licht wahlweise als klümpchenhaftes Teilchen, als etwas Wellenartiges oder nur als Effekt einer Wahrscheinlichkeitsfunktion angesehen. Die jeweils verwendete Theorie, ein unbewusstes Paradigma oder auch das sogenannte Framing bestimmen hier ganz wie bei einem linguistischen Kontext, die Bedeutung. Die Verallgemeinerung hier besteht darin, dass nicht nur sprachliche Äußerungen in einem Kontext stehen können sondern auch Ideen, Gedanken, Fakten und Konzepte.

Eine Theorie als bewusster Kontext für Fakten


Fakten sind allgemein anerkannte Tatsachen, die sich idealerweise auch objektiv überprüfen lassen: dass ein Stein bei einem freien Fall von einem 5-Meter-Turm etwa eine Sekunde in der Luft ist, ist ein Fakt. Dass man bei 100 Würfen mit einem fairen Spielwürfel im Durschnitt ungefährt 16 bis 17 Sechsen würfelt ist ebenso ein Fakt. Auch das Lichtmuster, das sich beim sogenannten Doppelspaltexperiment ergibt ist ein Fakt. Jeder kann es mit Haushaltgegenständen selbst nachstellen und überprüfen. Was aber dieses Licht sein könnte, fällt in unterschiedlichen physikalischen Theorien auch sehr unterschiedlich aus. In der Teilchentheorie des Lichts bilden kleine Lichtklümpchen das Hell-Dunkel-Muste. In der Wellentheorie sind es wellenartige Kontrukte und in der Theorie des Ernst Mach existiert Licht möglicherweise nur in unserer Vorstellung. Der oft bewusst gewählte Kontext zur Deutung von (natur)wissenschaftlichen Fakten ist dann die Theorie ↗

Ein Paradigma als unbewusster Kontext einer Deutung der Welt


Materie ist etwas Festes. Zeit besteht aus aufeinanderfolgenden Momenten. Eine Blume existiert auch dann, wenn man gerade nicht hinsieht: das Wort Paradigma steht für meist unbewusst getroffene Annahmen über die Welt oder Teile davon. Ein Paradigma wird oft erst dann bewusst, wenn massive Probleme mit der Deutung der Wirklichkeit auftreten. Beispiele aus der Physik sind das Doppelspaltexperiment (Wesen von Licht) sowie das Michelson-Morley-Experiment (Raum, Zeit). Beispielhafte Paradigmen sind hier: Licht existiert durchgängig durch die Zeit sowie Raum und Zeit sind objektiv und absolut. Beide Annahmen sind schwer haltbar. Bleibt ein eigener Deutungs-Kontext unbewusst aber wirkmächtig, nennt man ihn ein Paradigma ↗

Ein Denkstil als unbewusster Kontext einer Deutung der Welt


Das Wort Denkstil wurde in den 1930er Jahren von den polnischen Arzt Ludwik Fleck geprägt. Ähnlich wie ein Paradigma formt auch ein Denkstil das individuelle Denken im Unbewussten. Fleck entwickelte den Begriff Denkstil am Beispiel der Syphilis-Krankheit. Eine Syphilis-Erkrankung konnte aus einem religiösen Kontext heraus als Strafe Gottes angesehen werden. Aus Sicht eines Mediziniers hingegen konnte man die Syphilis auch als reine Infektionskrankheit betrachten. Flecks Konzept des Denkstils und der Denkkollektive rückt vor allem die soziale Einbettung von Denkprozessen in die Aufmerksamkeit. Siehe auch Denkstil ↗

Eine Gestalt als unbewusster Kontext (Psychogie)


In der Psychologie kennt man den Begriff der Gestalt. Damit ist oft unbewusstes Ordnungsprinzip gemeint, das unsere Sinneseindrücke und Denkinhalte zu bedeutungsvollen größeren Gebilden zusammenfügen kann. Die Details nehmen hier ihre endgültige Bedeutung erst an, wenn die unbewusst wirkende Gestalt ein Gesamtbild erzeugt hat. Siehe auch Gestalt ↗

Das große Bild als erkenntnisleitender Kontext?


Der südafrikanische Politiker Jan Smuts formulierte in den 1920er Jahren seine Theorie des Holismus: das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Fast zeitlich formulierte der englische Mathematik Alfred North Whitehead sein Konzept der Kohärenz: ein Weltbild ist kohärent, wenn a) kein Teil für sich alleine Sinn gibt und b) kein Aspekt eines der Teil logisch aus den anderen Teilen hergeleitet werden kann. Whitehead schlug seine Methode einer spekulativen Philosophie vor, um diese Erkenntnis weiter zu erhellen. Lies mehr unter Whiteheadsche Kohärenz ↗

Können experimentelle Kontexte Realität verändern?


Eines der großen Rätsel der Physik ist die Halbwertszeit von freien Neutronen. Je nach experimenteller Anordnung kommen dafür zwei unterschiedliche Werte heraus. Das dürfte nach allen bisher bekannten physikalischen Erfahrungen nicht der Fall sein: ein Neutron lebt länger oder kürzer, je nachdem, wie man es beobachet. Lies mehr dazu unter Neutronenhalbwertszeit ↗

Können gedankliche Kontexte Realität verändern?


Das muss man zumindest fordern, wenn man an einen Freien Willen glauben will: Gedanken als psychische Kontexte müssen dann irgendwie auf die Materie des Gehirns einwirken um letztendlich Muskelzellen oder Neuronen zu beeinflussen. Dass dies zumindest theoretisch möglich sein kann, wird angedeutet durch das sogenannte Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon ↗

Kann man jeden Kontext immer ganz erfassen?


Nein: ist man etwa in einem Gespräch auf einer Party, fließen hunderte bis tausende meist unbewusst bleibende Details mit in den Kontext ein, der die Bedeutung einzelner gesprochener Worte mit beeinflussen kann. Dazu nur ein Beispiel. Psychologen erkennen eine statistische Abhängigkeit zwischen dem Rhythmus der Bewegungen zweier sich unterhaltender Personen und dem Grad ihrer emotionalen Übereinstimmung. Das bleibt den meisten Menschen völlig verborgen. Sehr ähnlich aber weitaus bekannter ist das Phänomen der Echohaltung ↗

Der Kontext bei mathematischen Textaufgaben


Textaufgaben in der Mathematik gelten unter anderem auch wegen der Kontextabhängigkeit von Worten und Formelzeichen als besonders schwer. Wenn zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Tombola von einem Gewinn die Rede ist, dann kann das zum einen der Gegenstand sein, den die Mitspieler gewinnen können. Zum anderen kann es aber auch das Geld sein, das den Veranstaltern nach Abzug aller Kosten am Ende übrig bleibt. Welche Bedeutung gilt, wird erst aus dem Kontext klar (wenn überhaupt). Eine praktische Möglichkeit, um mit kontextabhängigen Worten in Textaufgaben umzugehen ist die Gesamtbildmethode ↗

Kontext oder Zusammenhang?


Die Worte Kontext und Zusammenhang werden oft synonym, das heißt mit gleicher Bedeutung verwendet. Doch hat sich über den üblichen Gebrauch ein deutlicher Unterschied herausgebildet. Betrachte die folgenden Sätze:



Kontext und Zusammenhang können beide einen gedanklichen Hintergrund, einen sogenannten Deutungsrahmen bezeichnen. In den Beispieln a, b und c kann man sowohl Kontext als auch Zusammenhang sagen ohne die Satzbedeutung zu verändern. In den Beispielen d, e und f hingegen macht nur das Wort Zusammenhang Sinn. Es kann nicht durch Kontext ersetz werden. Der Zusammenhang meint dort die Verbindung zwischen einzelnen Gedankeninhalten. Siehe auch Zusammenhang ↗

Fußnoten