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Extrapolation


Wissenschaft


Definition


3; 5; 7 ... 9?; 11?; 13? - Als Extrapolation bezeichnet man das Fortsetzen gesicherter Daten über die Ränder dieses gesicherten Bereiches hinein in unbekannte Bereiche.

Beispiel: CO2-Anstieg


Seit 1959 wird auf der Pazifikinsel Hawaii der CO2-Gehalt, also der Gehalt des Treibhausgases Kohlendioxid, gemessen. Die Messerergebnisse werden oft als Graph dargestellt. Auf der x-Achse ist die Zeit aufgetragen, auf der y-Achse der CO2-Gehalt. Von 1959 bis 1969 konnte man die jährlichen Messwerte in etwa zu einer Geraden verbinden, das Wachstum war also näherungsweise linear. Die Gleichung f(x) = 0,9 mal 1959-1447 beschreibt mit nur kleinen Abweichungen die Lage der Punkte im xy-Koordinatensystem. Ein Beispiel für eine Extrapolation wäre es gewesen, wenn jemand im Jahr 1969 die Daten linear als Gerade fortgesetzt hätte. Er wäre dann für das Jahr 2020 auf eine CO2-Gehalt in der Atmosphäre von rund 371 ppm (der tatsächliche Wert lag bei 414 ppm).

Graphische Extrapolation


Hat man Daten als Funktionsgraph dargestellt, kann man diese zunächst rein intuitiv fortsetzen: Punkte, die in etwa auf einer Geraden liegen, kann man als Gerade weiterzeichnen. Deuten die ersten Punkte eine Parabel an, kann man den Graphen als Parabel weiterzeichnen. Die graphische Extrapolation fixiert damit erste Ideen, wie sich Punkte auch jenseits des bekannten Bereiches weiterentwickeln könnten.

Rechnerische Extrapolation


Man erstellt für die bekannten Punkt eine Funktionsgleichung. Man kann dann weitere x-Werte auch jenseits des gesicherten Bereiches berechnen. Lies mehr dazu unter Funktionsgleichung aufstellen ↗

Wahl eines mathematischen Modells


Bei einer Extrapolation entscheidet man sich - mehr oder minder begründet - über ein mathematisches Verhalten der gesicherten Daten, das man auch für den ungesicherten Bereich annimmt. Im Beispiel des CO2-Gehaltes nahm man an, dass sich die Daten linear entwickeln. Tatsächlich war die Steigerung aber deutlich stärker, was man aber 1969 noch nicht wissen konnte. Für verschiedene mögliche Graphen, siehe auch unter Funktionsgraphen ↗

Der Satellit als Extrapolation einer Kanonenkugel


Der Physiker Isaac Newton extrapolierte einen zunächst einfachen Gedanken vor dem Hintergrund seiner Theorie der Bewegung: schießt man vom Gipfel eines hohen Berges aus ein Geschoss waagrecht ab, und erhöht man dann gedanklich die Abschussgeschwindigkeit immer mehr, so wird das Geschoss immer weiter fliegen, bevor es wieder auf der Erde ankommt. Stellt man sich dieses Bild auf der Oberfläche einer Erdkugel vor, und stellt man sich ferner vor, dass das Geschoss für eine bestimmte Strecke in horizontaler Richtung gleichzeitig ein Stück nach unten fällt, sich die Erde aber unten auch immer weiter wegkrümmt, dann kommt man zu dem Schluss, dass bei ausreichender Abschussgeschwindigkeit die Kugel irgendwann eine komplette geschlossene Kreisbewegung um die ganze Erde macht, einen sogenannen Orbit durchläuft. Newtons theoretische Extrapolation wurde später durch reale künstliche Satelliten auch praktisch bestätigt. Siehe auch Orbit ↗

Extrapolation der Geschichte


Die Zukunftsforschung, auch Futurologie genannt, betrachtet heute sichtbare Trends, extrapoliert diese in die Zukunft und entwirft daraus Szenarien möglicher Zukünfte. Mehr dazu im Artikel Futurologie ↗

Die Extrapolation ist oft nicht gesichert


Mit jeder Extrapolation macht man bewusst oder unbewusst die Annahme, dass die Gesetze und Muster eines bekannten und überprüften Bereiches der Erkenntnis (z. B. der Flug von Kanonenkugeln) auch für bis dahin unbekannte Bereiche (etwa die Bewegung von Sternen in Galaxien) ausgedehnt wird. Der Physiker Richard Feynnman (1918 bis 1988) beschrieb zum Beispiel, dass man gut gesicherte Berechnungen des Verhaltens weniger Elektronen zwar auch auf das Vehralten einer großen Anzahl von Elektronen überträgt, dass aber die Berechnung solch komplexer Systeme oft praktisch nicht möglich sei. Damit ist die Extrapolation aber auch noch nicht mit Versuchen, sprich nicht auch empirisch bestätigt[2]. Die Extrapolation ist dann im Wesentlichen noch eine Hypothese ↗

Extrapolationen schlagen können auch fehlschlagen


Dem Physiker Richard Feynman (1918 bis 1988) zufolge liegen "wir Physiker […] ständig auf der Lauer, um herauszufinden, ob an der Theorie irgendwas nicht stimmt. Findet sich irgendwo nur der kleinste Haken, heßt es aufgepaßt[2, Seite 19]." Feynamn weist darauf einen wichtigen Unterschied zwischen Wissenschaft und Ideologien hin: während Ideologen meist ständig versuchen, ihre Theorien zu beweisen und gegen jeden Angriff zu verteidigen, ist die Gemeinschaft der Wissenschaft eher so organisiert, dass man gerade an den Schwachstellen einer Theorie interessiert ist, denn dort liegt meist die nächste Stufe auf der Leiter der Erkenntnis. So versucht man zum Beispiel die Gesetze der Newtonschen Mechanik, erweitert um Einsteins Relativitätstheorie auf die zunehmende Expansion des Universmus anzuwenden, extrapoliert also vom Bereich des Bekannten ins Unerklärte. Doch keine der bisherigen Versuche ließen sich bisher mit den beobachteten Daten in Übereinstimmung bringen. Um die Extrapolation dennoch zu retten, greift man auf Hilfsannahnnahmen zurück wie die Dunkle Energie ↗

Fußnoten