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Existenz


Physik


Basiswissen


Existieren heißt, dass es etwas in der Wirklichkeit auch tatsächlich gibt, etwas da oder vorhanden ist. Man geht etwa davon aus, dass der Mond auch dann existiert, wenn ihn niemand betrachtet. Diese Vorstellung kann aber auf Probleme treffen. Das ist hier anhand einiger Befunde aus der Physik oder der Philosophie kurz vorgestellt.

Was meint Existenz im alltäglichen Sinn?


Unter Existenz stellt man sich, dass etwas wirklich für sich alleine da ist. Ein Baum im Wald existiert, ein Stein in einem Flussbett existiert. Und man selbst als Mensch existiert auch. Darunter stellt man sich vor, dass diese Dinge durchgängig durch die Zeit existieren und dass sie nicht von etwas anderem ständig erzeugt werden müssen.

Persistenz: Existenz muss zeitlich durchgängig sein


Man blickt in den blauen Sommerhimmel. Plötzlich entsteht wie aus dem Nichts recht schnell ein weißes Wölkchen. Kurze Zeit darauf hat sich die Wolke wieder aufgelöst, und wiederum etwas später entsteht an derselben Stelle wieder ein sehr ähnliche Wolke. Hier würde man nicht davon ausgehen, dass die zweite Wolke dieselbe Wolke war wie die erste. Für eine durchgehende Existenz hätte sich zwischenzeitlich nicht verschwinden dürfen. In den Wissenschaften nennt man eine solche zeitliche Beständigkeit auch Persistenz ↗

Objektivität: Existenz muss unabhängig von Personen sein


Einzelne Personen berichten immer wieder davon, dass sie um andere Lebewesen herum eine Aura sehen können. Die Aura solle sich dann als Lichtschein um dasn andere Wesen sichtbar machen. Sofern solche Seher nicht nur einfach lügen, sondern wirklich an ihren Eindruck glauben, nennt man einen solchen Eindruck subjektiv, das heißt, an eine Person gebunden. In der Physik beschränkt man sich hingegen auf Beobachtungen, die grundsätzlich unababhängig von der Wahl der beobachtenden Person ist. Jeder muss die Beobachtung machen können. Man spricht dann von einer objektiven Beobachtung. Im Idealall kann ein Messinstrument, etwa eine Photokamera, die Beoachtung machen. In der Physik bezeichnet man Dinge oft nur dann als existent, wenn sie objektiv wahrgenommen werden können. Man muss sich dabei aber bewusst halten, dass dies nur eine methodische Selbstbeschränkung ist und nichts über den logisch-sicheren Wahrheitsgehalt aussagt. Rein logisch ist es auch denkbar, dass eine schamanische Seherin Recht und als einzige Person Dinge sieht, die sonst nichts und niemand wahrnehmen kann. Siehe auch Objektivität ↗

Nicht Simuliert: Existenz muss „unerzeugt“ sein


Gott als unerzeugter Erzeuger und die Menschen und überhaupt die gesamte Welt als von ihm geschaffene und abhängige Geschöpfe oder Kreaturen: diese Idee wurde intensiv in der mittelalterlichen Scholastik ausgearbeitet. Den Kreaturen wurde damit nur eine Art Existenz zweiter Ordnung zugestanden. Dabei wurde unterschieden, ob das einmal erzeugte dann von sich aus weiter existiert oder aber ob es in jedem Moment neu geschaffen werden muss (so sagte etwa der Mystiker Meister Eckehart). Wenn etwas in jedem Moment immer wieder neu erschaffen werden muss, kann man dazu neigen, dem Ding eine wahre echte Existenz abzusprechen. Die Sache rückt dann näher hin zu einer Simulation ↗

Existiert überhaupt die Welt?


Diese Frage stellten sich bereits antike Denker mit dem Gedankenspiel, dass unser ganzes Sein vielleicht nur ein Traum sein könnte. In einem Traum zweifelt man oft die Existenz der erlebten Vorfälle und Dinge nicht an, glaubt aber im darauffolgenden Wachzustand, dass diese nicht wirklich real existierten. Der Quantenphysiker Anton Zeilinger kommt zu dem Schluss: „Das Universum ist ein harter Knochen. Weil, offenkundig das Universum existiert und es existierte bereits vor unserer Beobachtung und es macht natürlich keinen Sinn, vom ganzen Universum zu behaupten, das kommt nur dadurch in Existenz, dass wir mal hinsehen. Auf der anderen Seite, bei Quantenphänomenens gibt es dieses Problem. Wie das jetzt miteinander zu vereinigen ist, das weiß ich nicht, das ist eine wirklich wichtige Frage.“ Die Philosophie beschäftigt sich mit dieser Frage unter anderem über das Stichwort Berkeley-Frage ↗

Was heißt das berühmte cogito ergo sum?


Der neuzeitliche Philosoph und Mathematiker Rene Descartes, Namensgeber des kartesischen Koordinatensystems, ging von einem radikalen Zweifel an allem aus. Nicht aber auch gar nicht wollte er ungeprüft gelten lassen. Ausgehend von dieser extremen Skepsis kam er zu der Überzeugung, dass es nur eine Sache gibt, die ganz sicher wirklich existiert: das eigene Ich: ich denke, also bin ich; auf Latein das berühmte Cogito ergo sum ↗

Was ist Kants Ding an sich?


Der Philosoph Immanuel Kant (1724 bis 1804) war naturwissenschaftlich gut gebildet und beschäftigte sich intensiv mit der Frage, ob unsere Sinneseindrücke Dinge wiedergeben, die es außerhalb unseres Bewusstseins gibt und falls ja, was die Sinneseindrücke uns über diese Außendinge der Wirklichkeit an sicherem Wissen mitgeben. Ein Objekt der dinglichen Außenwelt nannte er ein Ding an sich ↗

Zwischenfazit?


Was genau man unter Existenz verstehen möchte ist in der Philosophie und Physik eher allgemein gefühlt angenommen als definitorisch scharf festgelegt. Die Frage, ob bestimmte Denkkonzepte aus der Physik etwas Realem in der Welt entsprechen beginnt man am besten damit, für sich selbst enger zu fassen, was man unter Existenz verstehen möchte. Es folgen nun einige Beispiele aus der Physik für Dinge, deren Existenz zumindest strittig ist.

Existieren Farben?


Betrachtet man von weitem ein Werbeplakat in einer Stadt, kann man darauf zum Beispiel grünes Gras erkennen. Dass auf dem Plakat grünes Papier existiert erscheint zunächst offensichtlich. Geht man sehr nah an das Plakat heran, erkennt man aber, dass an der Stelle des grünen Grases oft nur viele blaue und gelbe Punke gezeichnet sind. Nirgends sieht man etwas Grünes. Hier kann man erstmals die Frage stellen, ob etwas Grünes hier real existiert. Geht man dann gedanklich mit einem Mikroskop tiefer in das Plakat hinein, verschwinden aber möglicherweise auch die blauen und gelben Farbeindrücke. Physiker gehen davon aus, dass das Papier des Plakats aus Atomen besteht; Physiker weisen aber beispielsweise den Bausteinen dieser Atome, den Protonen, Neutronen und Elektronen selbst keinerlei Farbe zu. Nirgends in der Welt der submikroskopischen Dinge scheint es etwas Farbiges zu geben. Farben scheinen erst bei bestimmten Anordnungen der makroskopischen Welt in unserem Bewusstsein hinzuzutreten. Siehe auch Farbe ↗

Existieren physikalische Felder?


Die Erde ist von Gravitationsfeld umgeben, und ein stromdurchflossener elektrischer Leiter umgibt sich immer mit einem Magnetfeld: solche in der Physik üblichen Sprechweisen suggerieren, als würden die genannten Felder wirklich existieren. Doch nirgends findet man eine materielle Grundlage für diese Felder. Sie scheinen aus nichts zu bestehen. Man beobacht gravitative und magnetische Effekte und schließt daraus auf die Existenz einer Ursache für diese Phänomene. Dieser hypothetische Ursache (Ding an sich?) nennt man Felder. Dass Felder an sich aber vielleicht nur als mathematisches Konstrukt, als Modell in unseren Köpfen existieren zeigt sich besonders eindrucksvoll am Konzept der Wahrscheinlichkeitsfelder aus der Quantenphysik. Siehe auch Feld (Physik) ↗

Existiert Raum?


Schon in der Antike kam die Frage auf, ob der Raum überhaupt unabhängig von existierenden Dingen gedacht werden kann. Ist die Vorstellung eines völlig leeren Weltraum ohne jedes Objekt darin vernünftig? Könnte man einem solche Raum eine sinnvolle Größe oder ein Volumen zuordnen? Oder tritt Raum immer nur in Verbindung mit existierenden Objekten auf? Siehe auch unter Raum ↗

Existieren Photonen?


Photon ist das Fremdwort für ein Lichtteilchen. An Photonen fokussieren sich viele Grundprobleme im Fundament der Physik. Sind es Teilchen oder Wellen? Existieren sie unbahängig von unserer Beobachtung? Haben sie eine Individualität? Haben sie zeitlich durchgängig klare Eigenschaften? All das kann angezweifelt werden. Der klassische Versuch dazu ist das das sogenannte Doppelspaltexperiment: man hat Photonen, die einen Lichtquelle verlassen und später irgendwo auf einem Schirm (Stück Papier) aufzutreffen scheinen. Doch alle Versuchsergebnisse legen es nahe, dass das Photon niemals einen physikalisch sinnvollen Weg von der Quelle zum Schirm durchwandet hat. Hat es dann auf seinem Weg überhaupt eine Existenz gehabt? Mehr dazu unter Doppelspaltexperiment ↗

Existieren Quantenobjekte?


Elektronen, Photonen aber auch ganze Moleküle sind typisch als Quantenobjekte gedachte Dinge der Realität. Eine Besonderheit der Quantenobjekte ist die sogenannte Verschränkung. Eine Folge daraus ist, dass ein Objekt bestimmte Eigenschaften erst dann hat, wenn ein anderes Objekt in einem Versuch gemessen wird. Wenn es aber dafür eine bestimmte Eigenschaft - zum Beispiel eine Polarisation - überhaupt nicht hatte, kann es dann existiert haben? Diese Frage wird aufgeworfen durch das sogennante Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon oder kurz EPR ↗

Erzeugen Beobachter erst die Wirklichkeit?


Das Doppelspaltexperiment oder Das Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon sind zwei physikalische Experimente die die Schlussfolgerung nahelegen, dass zumindest Teile des Universums erst dann eine konkrete Existenz, einen bestimmten Zustand, annehmen, wenn sie beobachtet werden. Der Physiker Anton Zeilinger (geboren 1945) sagt dazu: „Das Universum ist ein harter Knochen. Weil, offenkundig das Universum existiert und es existierte bereits vor unserer Beobachtung und es macht natürlich keinen Sinn, vom ganzen Universum zu behaupten, das kommt nur dadurch in Existenz, dass wir mal hinsehen. Auf der anderen Seite, bei Quantenphänomenens gibt es dieses Problem. Wie das jetzt miteinander zu vereinigen ist, das weiß ich nicht, das ist eine wirklich wichtige Frage.“ Der Physiker John Archibald Wheeler (1911 bis 2008) prägte für diese Art ständiger Neuschöpfung den Begriff partizipatorisches Universum[2] ↗

Was ist eine Explikation?


Was Existenz meint glaubt man vom Gefühl her gut fassen zu können, es ist aber schwer in klaren Worten zu definieren. Eine mehr gefühlte als klar verstandene Idee soll in klare und präzise Worte gefasst werden. Das nennt man in der Wissenschaftstheorie eine Explikation ↗

Fußnoten