Evolutionäre Transitionen
Evolutionssprünge
Basiswissen
Von kleinen Molekülen über die RNA, DNA, eukaryotische Zellen bis hin zu mehrzelligen Organismen und Sozietäten: der englische Evolutionsbiologe John Maynard Smith und der ungarische Chemiker Eörs Szathmáry betrachteten verschiedene solche Übergänge, in der Fachsprache Transitionen genannt. Maynard Smith und Szatmary arbeiteten grundlegende Voraussetzungen für diese Übergänge heraus. Ihre Befunde stellten sie in dem Buch „The Major Transitions in Evolution“ zusammen. Die wesentlichen evolutionären Transitionen nach Smith und Szathmary sind hier kurz aufgelistet.
Die 8 evolutionären Transitionen [1, Seite 6]
- 1. Von sich replizierenden Molekülen zu Molekülen in Kompartimenten
- 2. Von unabhängigen Replikatoren zu Chromosomen
- 3. Von der RNA als Gen und Enzym zur DNA mit Proteinen (genetischer Code)
- 4. Von Prokaryoten zu Eukaryoten
- 5. Von asexuellen Klonen zu „sexuellen Populationen“
- 6. Von Protisten zu Tieren, Pflanzen und Pilzen (Zelldifferenzierung)
- 7. Von solitären Individuen zu Kolonien (mit nicht-reproduktiver Kaste)
- 8. Von Primaten Gesellschaften zur menschlichen Gesellschaft (Sprache)
Ähnlich: Carsten Breschs Begriff der Integration
Der Molekulargenetiker Carsten Bresch benutzt in seiner Betrachtung der Evolution in ähnlicher Bedeutung das Wort „Integration“, fasst dieser aber enger. Während die evolutionären Transitionen auch Entwicklungssprünge ohne Verbindung von Individuen zu einem neuen Überindividuum beinhalten (zum Beispiel Schritt 4), geht es bei den Integrationen von Bresch immer um den Zusammenschluss ehemals eigenständiger Wesen hin zu einen neuen Überwesen. Zu Breschs evolutionärer Theorie siehe auch den Artikel => Monon
Ähnlich: die Idee der Metabiontogenese
Eine Anfang 2023 durchgeführte Recherche nach einem prägnanten Begriff, der spezifisch eng nur die Verbindung von ehemals eigenständigen Lebewesen zu einem neuen Lebewesen auf höherer Komplexitätsstufe bezeichnet, lieferte keine Ergebnisse. Die evolutionären Transitionen umfassen auch andere Entwicklungssprünge. Und Breschs Begriff der Integration trifft zwar genau die gewünschte Bedeutung, ist aber als Wort zu unspezfisch. Von einer Integration spricht man in vielen sehr unterschiedlichen Kontexten, mit Teils deutlich abweichender Bedeutung. Auf diesen Seiten hier wird im Rahmen einer spekulativen Philosophie das Wort Metabiontogenese verwendet. Siehe mehr dazu unter => Metabiontogenese
Literatur
- [1] John Maynard Smith, Eörs Szathmáry: The Major Transitions in Evolution. Oxford University Press, New York 1995, ISBN 0-19-850294-X.
- [2] Fortschritt und Richtung in der Evolution? In: Schöpfung und Evolution – zwischen Sein und Design. Neuer Streit um die Evolutionstheorie (pp.89–112). Herausgegeben von: Böhlau. Editiert von: Ulrich H. Körtner & Marianne Popp. 2007.
- [3] Calcott, B., and Sterelny, K: The Major Transitions in Evolution Revisited. Cambridge, MA: MIT Press. 2011. doi: 10.7551/mitpress/9780262015240.001.0001
- [4] Kennedy, P., Uller, T., and Helanterä, H.: Are ant supercolonies crucibles of a new major transition in evolution? J. Evol. Biol. 27, 1784–1796. 2014. doi: 10.1111/jeb.12434
- [5] Carsten Bresch: Zwischenstufe Leben. Evolution ohne Ziel? Piper, München 1977. ISBN 3-492-02270-7.
- [6] Jagers op Akkerhuis: Evolution and Transitions in Complexity: The Science of Hierarchical Organization in Nature. Springer. 2018. ISBN: 978-3319829142.