Erdalter
4540 Millionen Jahre
Basiswissen
Naturwissenschaftler gehen heute davon aus, dass unsere Erde vor etwa 4,54 Milliarden Jahren entstand bis 4,55 Milliarden Jahren[1]. Das ist hier kurz vorgestellt.
Die Geschichte des Erdalters
Noch im 18ten Jahrhundert versuchte man das Alter der Erde - zusammen mit der Schöpfung der gesamten Welt - mit Hilfe von Angaben aus der Bibel abzuschätzen. Man kann dabei auf einige wenige Jahrtausende[9]. Erst gegen Ende des Jahrhunderts begannen Geologen das Alter der Erde naturwissenschaftlich abzuschätzen. Sie betrachteten dazu unter anderem die Geschwindigkeit von Verwitterung (Erosion) und Ablagerung (Sedimentation). Erstmals ahnten sie etwas von den unermeßlichen Zeiträumen seit dem Beginn der Erde als Planet[2]. Um das Jahr 1860 ging der Physiker William Thomson (Lord Kelvin) von der gegenwärtigen Temperatur der Erdkugel aus und frug sich: wenn die Erde mit einer gegebenen Geschwindigkeit abkühlt, wann war sie dann so heiß wie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung. Mit dieser Überlegung kam er auf ein damals schwindelerregend hohes Alter von 24 Millionen Jahren[3]. Um das Jahr 1950 schätzte der Physiker Erich Bagge das Alter der gesamten Welt auf "knapp 4 Milliarden Jahre"[4]. Wie zuvor Thomson hatte auch Bagge zu seiner Zeit nicht bekannte physikalische Prozesse nicht mitberechnet[5]. Der heute meist akzeptierte Wert von rund 4,54 Milliarden[1] bis 4,55 Milliarden Jahren[7][8] als Alter der Erde fußt weitgehend auf radiometrischen Methoden im Zusammenhang mit verschiedenen Isotopen eines chemischen Elementes. Siehe auch radiometrische Datierung ↗
Fußnoten
- [1] Age of the Earth. U.S. Geological Survey. 1997. [4,54 Mrd. Jahre] Abgerufen am 13. September 2021.
- [2] James Hutton: Theory of the Earth. With Proofs and Illustrations. Am Ende des Kapitels I (Theory of the Earth; or an Investigation of the Laws observable in the Composition, Dissolution, and Restoration of Land upon the Globe) beschreibt Hutton das Werden und Vergehen von Welten. Er schließt mit den Sätzen: "But if the succession of worlds is established in the system of nature, it is in vain to look for any thing higher in the origin of the earth. The result, therefore, of this physical inquiry is, that we find no vestige of a beginning, no prospect of an end.” Siehe dazu den Artikel Tiefe Zeit ↗
- [3] Der Physiker William Thomson (1824 bis 1907) schätzte unter anderem die Geschwindigkeit der Abkühlung der Erdkugel. Ausgehend von einer Mindestemperatur bei der Entstehung der Erde (glutflüssiger Zustand) konnte er so ein Mindestalter der Erde eingrenzen. Dabei hatte er aber noch nicht gewusst, dass durch radioaktive Prozesse ständig neue Wärme im Inneren der Erde entsteht. Das erklärt den großen Fehler seiner Abschätzung. Siehe auch Thomsons Erdalter ↗
- [4] Erich Bagge: Der Urknall und die Geburt der chemischen Elemente. In: Das Neue Universum. Ein Jahrbuch des Wissens und Fortschritts. 70. Band. Union Deutsche Verlagsgesellschaft. Stuttgart. 1953. Dort ab Seite 286. Professor Erich Bagge kommt mit zwei unterschiedlichen Argumenten auf ein Alter des Universums von rund 4 Milliarden Jahren. Zum einen rechnet er die Fluchtbewegung der Galaxien rückwärts zurück bis zum Zeitpunkt des hypothetischen Urknalls. Zum anderen vergleicht er die unterschiedlichen Halbwertszeiten von Uran-238 (etwa 5 Milliarden Jahre) und Uran-235 (etwa 0,7 Milliarden Jahre) sowie der Isotope des Kaliums mit den Atomgewichten 39, 40 und 41. Ausgehend von der Annahme, dass beide Isotope des Urans in gleicher Anzahl mit dem Universum entstanden sind kommt er auf ein Alter der Welt von wiederum 4 Milliarden Jahren. Siehe auch Bagges Weltalter [Rechenbeispiel] ↗
- [5] G. Brent Dalrymple: The age of the Earth in the twentieth century: a problem (mostly) solved. In: Special Publications, Geological Society of London. 190, Nr. 1, 2001, S. 205–221. bibcode:2001GSLSP.190..205D. doi:10.1144/GSL.SP.2001.190.01.14.
- [6] Lord Thomson wusste um 1860 noch nichts von der Entstehung von Wärme durch Radioaktivität im Erdinneren. Mit dieser Wissenslücke musste er auch bei ansonsten korrekter Rechnung zu einem viel zu niedrigen Alter der Erde kommen. Und Bagge hatte in einem Beitrag in dem Jahrbuch "Das Neue Universum" (Band 70, 1953, dort ab seite 286), argumentiert, dass Uran-235 und Uran-238 kurz nach dem Urknall in gleichen Mengen entstanden waren. Von einer späteren Entstehung von Uran im Zusammenhang mit dem Lebensende von Sternen, der sogenannten Nukleosynthese, hat er in seinem Aufsatz nicht geschrieben. Siehe auch Nukleosynthese ↗
- [7] Manhesa, Gérard: Lead isotope study of basic-ultrabasic layered complexes: Speculations about the age of the earth and primitive mantle characteristics. In: Earth and Planetary Science Letters. 47, Nr. 3, 1980. [4,55 Mrd. Jahre]. Seite 370–382. bibcode:1980E&PSL..47..370M. doi:10.1016/0012-821X(80)90024-2.
- [8] Paul S. Braterman: How Science Figured Out the Age of Earth. [4,55 Mrd. Jahre]. Scientific American. Abgerufen am 13. September 2021.
- [9] Dass die Welt im Jahr 4004 vor Christus entstanden sein müsste ist das Ergebnis einer streng wörtlichen Auslegung der Bibel. In: James Ussher James (1581-1656). Annales Veteris Testamenti, a prima mundi origine dedvcti: una cum rerum asiaticarum et ægyptiacarum chronico, a temporis historici principio usque ad Maccabaicorum initia producto. Erstmals Veröffentlicht in London im Jahr 1650.
- [10] Noch im 19ten Jahrhundert nahm der Physik William Thomson an, dass die Wärme der Sonne aus Meteoriteneinschlägen stammt. Er kam damit auf ein Alter im Bereich von Millionen von Jahren. In: William Thomson: On the Age of the Sun’s Heat. MacMillan magazine Vol.V, pp. 388-393, Nov. 1861-Apr. 1862, Cambridge: MacMillan and Co. Auch das Alter der Erde schätzte auf nur wenige Zehnermillionen Jahre. Siehe auch Sonnenalter ↗
- [11] Wenn der Nil jedes Jahrhundert einige Zentimeter an Höhe im Nildelta ablagert und das Delta heute etwa 13 Meter mächtig ist, dann kommt man auf ein Alter des Nildeltas von vielleicht 20 Tausend Jahren. In: Franz Serafin Exner: Vorlesungen über die physikalischen Grundlagen der Naturwissenschaften. Deuticke, Wien 1919, OBV. Dort die 30ten Vorlesung ab Seite 229. Siehe auch Grundlagen der Naturwissenschaften (Exner) ↗
- [12] Im Jahr 1919 war die Datierung mit Hilfe von Radioaktivät eine wissenschaftliche Neuigkeit. Der Östrerreicher Exner kommt auf ein Alter von mindestens 1000 Millionen (eine Milliarde) Jahre, etwa aufgrund von Befunden an norwegischem Uranerz. Doch lässt Exner offen, dass davor noch weitere große Zeiträume seit der Entstehung der Erde liegen könnten. Die radiometrischen Befunde würden "doch nicht über die jüngsten geologischen Phasen hinausreichen" Und: "Welche Zeitstrecken in der Erdgeschichte noch dahinter liegen mögen, das entzieht sich jeder begründeten Beurteilung. Angaben, die weiter reichen, beruhen vorläufig auf Phantasie." In: Franz Serafin Exner: Vorlesungen über die physikalischen Grundlagen der Naturwissenschaften. Deuticke, Wien 1919, OBV. Dort die 30ten Vorlesung ab Seite 229. Siehe auch Grundlagen der Naturwissenschaften (Exner) ↗