A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 9 Ω


Konstrukt


Wissenschaft


Basiswissen


Ein Konstrukt im Sinne der Psychologie oder Sozialwissenschaften ist „ein nicht unmittelbar fassbarer Begriff, der sich auf nicht direkt beobachtbare Entitäten oder Eigenschaften bezieht“. Ein Beispiel ist Glücklichkeit.

Glücklichkeit als Beispiel für ein Konstrukt


Die Vereinten Nationen erstellen seit dem Jahr 2017 einen sogenannten Word-Happiness-Report, auf Deutsch etwa Welt-Glücks-Bericht. Das Ergebnis ist eine Rangfolge der Glücklichkeit von Ländern. Der UNO-Bericht greift dabei ausdrücklich nicht auf eine Selbsteinschätzung der Menschen zurück sondern verwendet ausschließlich statistische Indikatoren: für das Jahr 2020 waren das zum Beispiel das Bruttoinlandsprodukt, der soziale Zusammenhalt, die gesunde Lebenserwartung, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Großzügigkeit und der Korruptionswahrnehmungsindex. Gelingt es, alle Indikatoren eindeutig messbar zu machen, spricht man von einer sogenannten Operationalisierung.

Nationales Glück als Beispiel für ein Konstrukt


Das kleine Land Bhtuan im Himalaya-Gebirge definiert als Staatsziel das sogenannte Bruttonationalglück. Ziel ist es, dass die Bevölkerung sich hin zu mehr Glück entwickelt. Dazu muss Glück aber zunächst enger gefasst werden oder in einzelne besser greifbare Aspekte zerlegt werden. Im Falle von Bhutan wird das nationale Glück an vier Säulen festgemacht: a) eine nachhaltige und gerechte wirtschaftliche Entwicklung, b) Förderung eines freien und resilienten Kulturlebens, c) gute Regierungsführung und Gleichheit vor dem Gesetz sowie d) ökologische Nachhaltigkeit.

Operationalisierung eines Konstruktes


Glücklichkeit, Intelligenz oder Bewusstsein: Konstrukte beziehen sich meist auf vermutete Sachverhalte aus der Wirklichkeit. Für eine reine Theoriebildung ist es ausreichend, die Konstrukte zu definieren und als Begriffe damit verwendbar zu machen. In den empirischen Wissenschaften ist aber auch stets das Bedürfnis nach einer Überprüfung an der Wirklichkeit vorhanden. Da man aber Glücklichkeit nicht direkt über ein einzelnes Prinzip messen kann, verwendet man verschiedene Indikatoren, das heißt messbare Anzeichen, für Glücklichkeit: pro-Kopf-Einkommen, Lebenserwartung, Krank-Tage pro Jahr, Selbsteinschätzungen in Fragebögen oder derlei mehr. Lies mehr unter Operationalisierung ↗

Was ist eine Explikation?


Man mag den Eindruck haben, dass Menschen immer mehr zu gleichgeschalteten Rädchen in einer übergeordneten Maschine werden. Die Konformität in Mode und Sprache, deutschlandweit dieselben Neubauten ohne landschaftliche Eigentümlichkeiten, das Verschwinden von Dialekten und eine Jugend, die sich anpassen will anstatt zu revoltieren. Möglicherweise vermutet man hinter solchen zunächst verteilten Beobachtungen eine zugrundeliegende Ursache und sucht nach einen passenden Wort. Passende Begriffe zur Zusammenfassung der Phänomene könnten sein: der eindimensionale Mensch, soziointegrative Degeneration oder auch Gruppendenk. Aus einem diffusen Gefühl einen klaren Begriff zu erarbeiten nennt man nach dem Wissenschaftstheoretiker und Philosophen Rudolf Carnap[1] eine Explikation ↗

Konstrukte in der Physik


Konstrukte sind nicht auf die Psychologie und die Sozialwissenschaften beschränkt. So können zum Beispiel ein elektrisches Feld oder verschränkte Photonen niemals direkt beobachtet werden. Es sind zunächst gedankliche Objekte innerhalb einer Theorie. Aus Mess- oder Beobachtungswerten schließt man rückwärts auf ihre Existenz. Die Frage, ob die Objekte der Physik wirklich existieren[3] wurde unter anderem zugespitzt in der sogenannten Kopenhagener Deutung ↗

Fußnoten